Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Valentinstag (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023
384 Seiten
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
978-3-446-27890-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Valentinstag -  Richard Ford
Systemvoraussetzungen
20,99 inkl. MwSt
(CHF 20,50)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Richard Fords berühmteste Figur, Frank Bascombe, ist zurück. Und nun, mit 74, wird seine unangefochtene Meisterschaft, auf lässige Weise den Frieden mit sich und dem Leben zu machen, noch einmal extrem gefordert.

Sein Sohn Paul, 47, ist krank, ihm bleibt nicht viel Zeit. Eng waren beide nie, doch jetzt verbindet sie die Bereitschaft, sich mit ungelenker Liebe auf das Kommende einzulassen, und ihr Blick für die Komik des Abseitigen.

Für ein letztes Abenteuer mieten sie ein Wohnmobil, einmal von Minnesota bis zum Mount Rushmore - der Weg ist das Ziel.

Ford, der große Chronist des modernen Amerika, schickt seine Helden auf eine Odyssee durch die scheinbar banalen Attraktionen im Herzen des Landes und zeigt uns mit jeder kleinen Provinzhölle eine neue Facette des amerikanischen Lebens, das wir so gut zu kennen glauben.

Richard Ford wurde 1944 in Jackson, Mississippi, geboren und lebt heute in Maine. 1996 erhielt er für Unabhängigkeitstag den Pulitzer Prize und den PEN/Faulkner Award, 2019 den Library of Congress Prize for American Fiction. Bei Hanser Berlin erschien von ihm zuletzt das Porträt seiner Eltern Zwischen ihnen (2017) und der Erzählungsband Irische Passagiere (2020). Im Sommer erscheint sein neuer Roman Valentinstag.

Frank Heibert übersetzt meist aus dem Englischen und Französischen, neben Richard Ford u. a. Don DeLillo, Lorrie Moore, Tobias Wolff, Neil LaBute und Yasmina Reza. 2006 erschien sein erster Roman Kombizangen. Für seine übersetzungen wurde Frank Heibert 2012 mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt Preis ausgezeichnet.

Ford auf der Höhe seiner Kunst: Lässiger und berührender hat noch niemand seinen Frieden mit dem Schicksal gemacht.

Tragikomischer Roadtrip durch Amerikas exotische Provinz.

"Richard Ford ist einer der bedeutendsten lebenden amerikanischen Schriftsteller. Mit seinen Büchern über den Jedermann Frank Bascombe hat er die amerikanische Literatur geprägt. ... Ein Denkmal für eine Generation. ... 'Valentinstag' ist ein großes, trauriges und lustiges Buch." Tobias Rapp, Der Spiegel, 12.08.23

Glück


In letzter Zeit denke ich öfter als früher über das Glück nach. Das ist, egal in welcher Lebensphase, nie eine müßige Überlegung; aber für mich, Jahrgang 1945, ist es ein Bonusthema im oberen Preissegment — während ich mich allmählich der in der Bibel festgesetzten Zuteilung nähere.

Als früherer Presbyterianer (nicht praktizierend, nicht gläubig, wie die meisten Presbyterianer) bin ich mit einer Version von Glücksvorstellung komfortabel durchs Leben gekommen, die wohl auch der alte Knox*1 hätte gelten lassen, auf dem schmalen Grat zwischen den verschwisterten Leitsätzen: »Was uns nicht umbringt, macht uns stärker« und »Alles, was nicht niederknüppelndes Unglück ist, zählt als Glück«. Wobei der zweite eher an Augustinus gemahnt; aber all diese komplexen Systematiken bringen einen zu demselben Rätsel: »Und was jetzt?«

Dieser Mittelweg hat in den meisten Situationen, die mir das Leben so hingeschmissen hat, ziemlich gut funktioniert. Ein allmähliches, manchmal unmerkliches Voranschreiten in der Zeit, ohne dass irgendwas Großartiges passierte, nichts Unüberlebbares dabei und das meiste ganz in Ordnung. Der schmerzliche Tod meines ersten Sohnes (ich habe noch einen). Scheidung (zwei Mal!). Ich hatte Krebs, meine Eltern sind gestorben. Auch meine erste Frau ist gestorben. Mir wurde mit einem AR-15 in die Brust geschossen, und dabei bin ich fast selbst gestorben, aber dann, unwahrscheinlicherweise, doch nicht. Ich habe Hurrikane überlebt und eine, manche würden sagen: Depression (falls es überhaupt eine war, dann eine leichte). Aber nichts hat mich ganz nach unten trudeln lassen, so dass ich auf die Idee gekommen wäre, mir selbst den Stecker zu ziehen. Viel ziemlich gute zeitgenössische Literatur, die ich abends im Bett lese, handelt — wenn ich das richtig durchschaue — von diesen Themen, das Glück entzieht sich immer, bleibt aber das Ziel.

Und doch. Ich weiß nicht, ob Glücklichsein der wichtigste Zustand ist, den wir alle anstreben sollten. (Es gibt Statistiken dazu, Doktorarbeiten, Forschungsbereiche mit Stipendien, einen Glücks-Thinktank an der UCLA.) Anscheinend nimmt bei den meisten Erwachsenen das Glücksgefühl im Lauf ihres dritten und vierten Lebensjahrzehnts ab und erreicht Anfang des fünften einen Tiefpunkt, und dann nimmt es in den Siebzigern manchmal wieder zu — sicher ist das aber nicht. Zu wissen, wovor man im Leben Angst hat, ist vielleicht viel nützlicher. Als der Dichter Larkin von einem Interviewer gefragt wurde: »Meinen Sie, Sie hätten im Leben glücklicher sein können?«, antwortete er: »Nein, es sei denn, ich wäre ein anderer gewesen.« Und so würde ich über den Daumen gepeilt schon sagen, ich bin glücklich gewesen. Zumindest glücklich genug, dass ich Frank Bascombe bin und kein anderer. Bis vor kurzem hat das zum Weitermachen vollauf genügt.

In letzter Zeit allerdings, seit mein überlebender Sohn Paul Bascombe, 47 Jahre alt, krank ist, mit deutlichen Symptomen von ALS (dem Lou-Gehrig-Syndrom — obwohl es mittlerweile Spekulationen gibt, dass das Eiserne Pferd gar nicht ALS hatte), musste ich dem Thema Glück mehr Aufmerksamkeit widmen.

*

Seit achtzehn Monaten habe ich einen Teilzeitjob bei den Hausflüsterern in Haddam, New Jersey, wo ich ein einsames Seniorenleben lebe, inkl. Schlüsselkarte und Bibliotheksausweis. Die Hausflüsterer ist eine Boutique-Immobilienfirma, eingebettet in ein größeres, vertikal integriertes Immobilienunternehmen, das komplett meinem früheren Angestellten Mike Mahoney gehört. Mike, mein Mitarbeiter ab den Neunzigern, in denen ich — wir — an der Küste New Jerseys rasend erfolgreich Häuser verkaufte(n), ist nachweislich Tibeter — vor langer Zeit änderte er seinen Namen Lobsang Dhargey in »etwas Irischeres« — und schwerreich geworden, nachdem ihm ein neuer Markt aus finanzstarken tibetischen Investoren aufgefallen war, die scharf darauf waren, vom letzten Hurrikan ramponierte Strandimmobilien in New Jersey zu kaufen. (Beim Reichwerden geht es fast immer darum, schneller als die Konkurrenten einen Markt zu erkennen. Aber wer hätte gedacht, dass Tibeter über so viel flüssiges Kapital verfügen, und wo hatten die das her?)

Mike hat zügig den Verkauf von Strandliegenschaften-mit-Schäden hinter sich gelassen und seine neue Vermögenslage dazu genutzt, den Ankauf Hunderter früher ganz normaler Familienhäuser zu organisieren — in Topeka, Ashtabula, Cedar Rapids und Caruthersville, Georgia —, die aufgrund von Steuern, verzögerter Instandhaltung, Krankheit der Besitzer, Sorgen um das Festgehalt, um ausstehende Unterhaltszahlungen usw. für die Besitzer zu einem Problem geworden waren. Diese Häuser renovierte er billig (das tut er immer noch), wobei er outgesourcte Bautrupps einsetzt, Instandhaltungsfirmen, die ihm gehören, damit beauftragt, sich um die Häuser zu kümmern, dann wandelt er sie in Wertpapiere um, die er scheibchenweise als Anteile an der Börse von Tokio jedem verkauft, der bereit ist, ein Risiko einzugehen (oft andere Tibeter). Wonach er sie dann vermietet — manchmal an ihre früheren Besitzer. Der ganze Schwindel ist lückenlos legal, nach dem »verlorenen Immobilien-Jahrzehnt« schürft der Bankensektor nach reicheren Flözen. Seine Mantel-Firma heißt HLP, Himalaya Lösungen und Partner. (Die Partner gibt es nicht.)

Die Hausflüsterer, wo ich offiziell arbeite, ist Mikes Baby, ein Westentaschen-»Nischen«-Projekt, um hochklassige Immobilienkunden zu finden, die aus ihren ureigensten Gründen beim Hauskauf absolute Hochsicherheitslevel-Anonymität wünschen. In allen Stadien des Hauserwerbs, sogar über den eigentlichen Kauf hinaus, gibt es Unmengen betuchter Leute, die einfach nicht wollen, dass die Welt auch nur das Schwarze unterm Fingernagel über sie erfährt: Leute, die ein Haus kaufen, aber es nie bewohnen, besichtigen, ja betreten wollen; Leute, die ein Haus für Opa Beppo haben wollen, bis er »dahinscheidet« und das Testament durch ist. Oder Leute, die tatsächlich ein Haus kaufen, um darin zu wohnen, aber sie sind berühmte Rockstars, in Ungnade gefallene Politiker oder russische Dissidenten, die keine Öffentlichkeit wollen. Für eine saftige Provision bedienen Die Hausflüsterer diesen Markt. (Und ich meine keine Menschen im Zeugenschutzprogramm oder verurteilte Schniedelwedler, die inmitten der allgemeinen Bevölkerung keine Zuflucht finden könnten. So was wird von Regierungsbehörden gehandhabt, das ist nicht unsere Kundschaft.)

Vor Jahren ließ ich meine eigene Maklerlizenz auslaufen. Aber ich war bereit, bei Mike an Bord zu gehen, um mich in den Nachwehen meiner Scheidung wieder wachzurütteln, als meine zweite Frau, Sally Caldwell, beschloss, ihr Leben als Beraterin in den Dienst der Trauernden in fernen Landen zu stellen (wo anscheinend sehr viel getrauert wird). Sie hat ihr Gelübde als Laiennonne abgelegt, so dass eine glückliche Neuaufstellung unseres Ehelebens kaum am Horizont steht.

Unser kleines Hausflüsterer-Büro liegt im ersten Stock über dem Hulett’s-Schuhladen, gegenüber vom August Inn, am Haddam Square; mein Job dort ist nur ein Halbtagsjob, keine Gig-Economy, aber auch nicht das glatte Gegenteil. Eigentlich gehe ich nur ans Telefon und gebe private Kontaktinfos an meine Vorgesetzten in der Agentur weiter. Allerdings bescheren mir meine Minimalpflichten den Bonus, allen Anrufern, die unseren Internet-Auftritt missverstanden haben — da steht, wir sind »Vertrauliche Berater mit einzigartigen Hauskauf-Strategien für ungewöhnliche Kunden« —, detaillierte Grundlagen- und Echtzeitinfos in Immobiliendingen zu bieten. Mitbürger, die (irrtümlich) glauben, unsere Website-Beschreibung meint sie, rufen regelmäßig an und wollen sich über das banalste Immobilien-Einmaleins informieren, und mit dem größten Vergnügen löse ich ihnen auf Grundlage meiner jahrelangen Erfahrung jedes Dilemma auf: »Wie (zum Beispiel) funktioniert eigentlich eine umgekehrte Hypothek, und sollte ich mich, mit 92 und diversen Vorerkrankungen, in so was reinstürzen?« Nein. »Was sind die Nachteile, wenn ich in der Wohnung meiner Schwiegermutter aus China importierten Trockenbeton einsetze?« Da lauern Prozesse. »Wo liegt der Break-even-Punkt bei dem renovierungsbedürftigen Haus, das ich auf dem Mietmarkt anbieten will, aber die Decken müssen noch gemacht werden?« Wann war es...

Erscheint lt. Verlag 21.8.2023
Übersetzer Frank Heibert
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Alter • Amerika • Bascombe • Camper • Care • Familie • Franzen • Glück • Komik • Krankheit • Roadtrip • Schicksalsschlag • Sohn • Vater • Vater-Sohn-Geschichte • Wohnmobil
ISBN-10 3-446-27890-7 / 3446278907
ISBN-13 978-3-446-27890-5 / 9783446278905
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,5 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
CHF 20,50
Roman

von Fatma Aydemir

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
CHF 12,65
Roman. Jubiläumsausgabe

von Umberto Eco

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
CHF 12,65