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Violeta (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman | Der Bestseller | Eine außergewöhnliche Frau. Ein turbulentes Jahrhundert. Eine unvergessliche Geschichte.
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
400 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-77377-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Violeta -  Isabel Allende
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Violeta ist die inspirierende Geschichte einer eigensinnigen, leidenschaftlichen, humorvollen Frau, deren Leben ein ganzes Jahrhundert umspannt. Einer Frau, die Aufruhr und Umwälzungen ihrer Zeit nicht nur bezeugt, sondern am eigenen Leib erfährt und erleidet. Und die sich gegen alle Rückschläge ihre Hingabe bewahrt, ihre innige Liebe zu den Menschen und zur Welt.

An einem stürmischen Tag des Jahres 1920 kommt sie zur Welt, jüngste Schwester von fünf übermütigen Brüdern, Violeta del Valle. Die Auswirkungen des Krieges sind noch immer spürbar, da verwüstet die Spanische Grippe bereits ihre südamerikanische Heimat. Zum Glück hat der Vater vorgesorgt, die Familie kommt durch, doch schon droht das nächste Unheil, die Weltwirtschaftskrise wird das vornehme Stadtleben, in dem Violeta aufwächst, für immer beenden, die del Valles ziehen sich ins wild-schöne Hinterland zurück. Dort wird Violeta volljährig, und schon steht der erste Verehrer vor der Tür ...



<p>Isabel Allende, geboren 1942 in Lima, ist eine der weltweit beliebtesten Autorinnen. Ihre Bücher haben sich millionenfach verkauft und sind in mehr als 40 Sprachen übersetzt worden. 2018 wurde sie - und damit erstmals jemand aus der spanischsprachigen Welt - für ihr Lebenswerk mit der National Book Award Medal for Distinguished Contribution to American Letters ausgezeichnet. Isabel Allendes gesamtes Werk ist im Suhrkamp Verlag erschienen.</p>
Spiegel-Bestseller

1


Ich kam an einem stürmischen Freitag des Jahres 1920 zur Welt, im Jahr der Seuche. Am Abend meiner Geburt war wie so oft bei Gewitter der Strom ausgefallen, und man hatte die Kerzen und Petroleumlampen angezündet, die für derlei Notfälle bereitstanden. Meine Mutter, María Gracia, erkannte die einsetzenden Wehen, da sie bereits fünf Söhne geboren hatte, überließ sich dem Schmerz in der Gewissheit, dass sie einen weiteren Jungen zur Welt bringen würde, und vertraute auf die Hilfe ihrer Schwestern, die ihr schon mehrfach zur Seite gestanden hatten und die Nerven bewahrten. Der Arzt der Familie arbeitete seit Wochen unermüdlich in einem der Notlazarette, und es wäre ihnen leichtsinnig erschienen, ihn für etwas so Gewöhnliches wie eine Geburt zu bemühen. Bei früheren Gelegenheiten hatten sie auf die immer gleiche Hebamme zurückgreifen können, aber die Frau war unter den ersten Opfern der Seuche gewesen, und eine andere Geburtshelferin kannten sie nicht.

Meine Mutter überlegte, dass sie ihr gesamtes Erwachsenenleben schwanger verbracht hatte, im Wochenbett oder sich von einer Fehlgeburt erholend. Ihr ältester Sohn, José Antonio, war gerade siebzehn geworden, da war sie sich sicher, denn er war in dem Jahr geboren, als die Erde so schlimm bebte, dass das halbe Land in Trümmern lag und man Tausende Tote beklagte, aber an das genaue Alter ihrer übrigen Söhne erinnerte sie sich so wenig wie an die Zahl ihrer missglückten Schwangerschaften. Nach jeder war sie für Monate unpässlich gewesen, und nach jeder Geburt für lange Zeit erschöpft und schwermütig. Vor ihrer Hochzeit hatte sie als die schönste Debütantin in der Hauptstadt gegolten, rank und schlank, das Gesicht mit den grünen Augen und dem durchscheinenden Teint unvergesslich, doch die Zumutungen der Mutterschaft hatten ihren Körper verunstaltet und ihr Gemüt ausgelaugt.

Theoretisch liebte sie ihre Kinder, praktisch zog sie es jedoch vor, einen gewissen Abstand zu wahren, weil die energiegeladene Jungsmeute mit Schlachtenlärm in ihr kleines weibliches Hoheitsgebiet einfiel. Einmal bemerkte sie ihrem Beichtvater gegenüber, sie sei vom Teufel dazu erkoren, ausschließlich Jungen zu gebären. Als Buße musste sie zwei Jahre hindurch täglich einen Rosenkranz beten und eine beträchtliche Summe für die Renovierung der Kirche spenden. Ihr Ehemann untersagte ihr, je wieder zu beichten.

Unter der Aufsicht von Tante Pilar kletterte Torito, der Junge, der im Haus für alle erdenklichen Arbeiten angestellt war, auf eine Leiter und befestigte die für derlei Gelegenheiten im Schrank lagernden Riemen an den beiden von ihm in die Zimmerdecke getriebenen Stahlhaken. Im Nachthemd hockte meine Mutter sich hin, krallte sich mit jeder Hand in einen Riemen, presste eine ihr endlos scheinende Weile und stieß dabei Verwünschungen aus, die ihr sonst niemals über die Lippen gekommen wären. Meine Tante Pía kauerte zwischen ihren Beinen und machte sich darauf gefasst, das Neugeborene in Empfang zu nehmen, ehe es den Boden berührte. Ihre Tees aus Brennnessel, Beifuß und Raute standen schon für den Moment nach der Entbindung bereit. Der Sturm, der gegen die Jalousien schlug und einzelne Dachpfannen aus den Ziegelreihen brach, übertönte das Wehklagen und den letzten langen Schrei, unter dem ich zunächst den Kopf sehen ließ und gleich darauf den mit Schleim und Blut überzogenen Körper, der meiner Tante durch die Finger glitt und auf den Holzboden knallte.

»Pass doch auf, Pía!«, schrie Pilar, hob mich an einem Fuß in die Höhe und rief erstaunt: »Ein Mädchen!«

»Ausgeschlossen, schau noch mal nach«, murmelte meine erschöpfte Mutter.

»Wenn ich's dir sage, Schwester: kein Röhrchen.«

An diesem Abend kam mein Vater spät aus dem Club nach Hause, wo er diniert und etliche Partien Brisca gespielt hatte, und begab sich zunächst in sein Zimmer, um sich umzukleiden und vorsorglich mit Alkohol abzureiben, ehe er seine Familie begrüßte. Er bat die Bedienstete um ein Glas Cognac, und ihr kam es nicht in den Sinn, ihm die Neuigkeit mitzuteilen, da sie es nicht gewohnt war, das Wort an ihren Dienstherrn zu richten, dann ging er zu seiner Frau. Der rostige Blutgeruch kündigte ihm das Geschehene bereits an, bevor er über die Schwelle trat. In einem sauberen Nachthemd, gerötet und mit schweißnassem Haar lag meine Mutter im Bett und ruhte sich aus. Die Riemen waren schon von der Decke entfernt und die Eimer mit den blutigen Lappen verschwunden.

»Wieso habt ihr mir nicht Bescheid gegeben!«, beschwerte er sich, nachdem er seine Frau auf die Stirn geküsst hatte.

»Wie hätten wir das bitte anstellen sollen? Du hattest den Fahrer dabei, und zu Fuß wäre bei diesem Sturm keine von uns rausgegangen, selbst wenn deine bewaffneten Handlanger uns gelassen hätten«, hielt Pilar ihm entgegen.

»Es ist ein Mädchen, Arsenio«, meldete sich Pía. »Du hast endlich eine Tochter.« Sie deutete mit dem Kinn auf das Bündel in ihren Armen.

»Gott sei's gedankt!«, hauchte mein Vater, doch sein Lächeln erstarb, als er sah, was da zwischen den Tuchfalten zum Vorschein kam. »Sie hat ein Ei auf der Stirn!«

»Keine Sorge. Manche Kinder haben das bei der Geburt, nach ein paar Tagen wächst es sich aus: Ein Zeichen für Klugheit«, improvisierte Pilar, weil sie nicht zugeben wollte, dass seine Tochter eine Bruchlandung ins Leben hinter sich hatte.

»Wie soll sie heißen?«, fragte Pía.

»Violeta«, sagte meine Mutter entschlossen und ließ ihrem Mann keine Gelegenheit zum Einspruch.

Das ist der illustre Name meiner Urgroßmutter mütterlicherseits, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Wappen auf die erste Unabhängigkeitsflagge des Landes gestickt hat.

Die Pandemie hatte meine Familie nicht unvorbereitet getroffen. Nach den ersten Gerüchten über Sterbenskranke, die sich durch die Straßen am Hafen schleppten, und über eine alarmierende Zahl von blauschwarzen Toten im Leichenschauhaus überlegte mein Vater, Arsenio del Valle, dass es keine zwei Tage mehr dauern würde, bis die Seuche die Hauptstadt erreicht hätte, blieb jedoch gelassen, da er die Krankheit bereits erwartete. Er hatte sich mit demselben Eifer gegen sie gewappnet, den er bei allem an den Tag legte, der ihm bei seinen Geschäften half und dabei, zu Geld zu kommen. Von den Geschwistern del Valle war er als Einziger drauf und dran, das Ansehen des wohlhabenden Mannes zurückzugewinnen, das mein Urgroßvater besessen hatte und das mein Großvater erbte, über die Jahre jedoch verlor, weil er zu viele Kinder bekam und redlich war. Von den fünfzehn Kindern dieses Großvaters blieben beachtliche elf am Leben, was, wie mein Vater prahlte, die Stärke der Blutslinie del Valle bewies, doch eine derart vielköpfige Familie zu unterhalten kostet Mühe und Geld, und das Vermögen schmolz dahin.

Noch bevor die Presse die Krankheit beim Namen nannte, wusste mein Vater, dass es sich um die Spanische Grippe handelte, denn er informierte sich über die Weltlage mit Hilfe der ausländischen Zeitungen, die etwas verspätet im Club de la Unión eintrafen, aber doch aussagekräftiger waren als die lokalen Blätter, und außerdem besaß er ein eigenhändig nach Bauanleitung zusammengeschraubtes Funkgerät, das ihm den Kontakt zu anderen Hobbyfunkern ermöglichte, so dass er unter dem Rauschen und Kratzen der Kurzwellenverbindung erfahren hatte, welche Verheerungen das Virus andernorts anrichtete. Er hatte die Ausbreitung der Pandemie von Anfang an verfolgt, wusste, dass die Krankheit wie ein todbringender Wind durch Europa und die Vereinigten Staaten gefegt war, und dachte, wenn ihre Auswirkungen in zivilisierteren Ländern derart tragisch waren, so würde es bei uns, wo die Mittel begrenzt und die Menschen unwissender waren, noch schlimmer kommen.

Die Spanische Grippe erreichte uns mit einer Verspätung von fast zwei Jahren. Aus Wissenschaftskreisen verlautete, die geographische Lage habe uns vor der Ansteckung bewahrt, die natürliche Barriere aus Gebirge auf der einen, Ozean auf der anderen Seite, dazu das günstige Klima und die...

Erscheint lt. Verlag 18.7.2022
Übersetzer Svenja Becker
Sprache deutsch
Original-Titel Angabe fehlt
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
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ISBN-10 3-518-77377-1 / 3518773771
ISBN-13 978-3-518-77377-2 / 9783518773772
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