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Leviathan fällt (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
640 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-22490-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Leviathan fällt -  James Corey
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Wie kämpft man gegen einen scheinbar unbesiegbaren Gegner? Das Sonnensystem wurde von der mit Alien-Technologie aufgerüsteten Raumflotte erobert, und Duarte, der alleinige Herrscher unzähliger Welten, betrachtet sich selbst als neue Stufe der Evolution. Doch noch ist die Menschheit nicht am Ende - Kapitän James Holden und die Crew der Rosinante haben bereits einen Plan ...

Hinter dem Pseudonym James Corey verbergen sich die beiden Autoren Daniel James Abraham und Ty Corey Franck. Beide schreiben auch unter ihrem eigenen Namen Romane und leben in New Mexico. Mit ihrer erfolgreichen gemeinsamen Science-Fiction-Serie »The Expanse« haben sie sich weltweit in die Herzen von Lesern und Kritikern gleichermaßen geschrieben.

PROLOG


Zuerst war da ein Mann namens Winston Duarte. Und dann war er nicht mehr da.

Der letzte Augenblick war banal. Er hatte in seinem privaten Arbeitszimmer im Herzen des Staatshauses auf seinem Diwan gesessen. In den Schreibtisch – laconischer Regenbaum mit einer Maserung wie Sedimentgestein – war ein Bildschirm integriert, auf dem unzählige Berichte um seine Aufmerksamkeit buhlten. Langsam tickte das Uhrwerk des Reichs, und mit jeder Umdrehung des Rades lief der Mechanismus ein wenig glatter und präziser. Er hatte die Sicherheitsmeldungen aus Auberon geprüft, wo der Gouverneur infolge separatistischer Ausschreitungen begonnen hatte, Einheimische für die Sicherheitskräfte zu rekrutieren. Seine Tochter Teresa war schon wieder zu einem ihrer verbotenen Ausflüge außerhalb des Geländes aufgebrochen. Die einsamen Spaziergänge in der Natur, die sie ungestört von den wachsamen Augen der laconischen Personenschützer zu unternehmen glaubte, waren für ihre Persönlichkeitsentwicklung wichtig. Deshalb beobachtete er die Eskapaden nicht nur mit Nachsicht, sondern auch voller Stolz.

Erst vor Kurzem hatte er ihr erklärt, welche Pläne er für sie hatte. Sie sollte nach ihm selbst Paolo Cortázars zweite Patientin werden, damit sich ihr Bewusstsein öffnete und vertiefte, wie es schon bei ihm geschehen war, sodass sie beide vielleicht nicht ewig, aber doch unbegrenzt lange leben konnten. In hundert Jahren würden sie immer noch das Reich der Menschen anführen. In tausend Jahren. In zehntausend Jahren.

Falls.

Das war der schreckliche Druck, der auf allem lastete. Dieses unerträgliche Falls. Könnte er doch nur diese schreckliche menschliche Selbstzufriedenheit überwinden. Könnte er doch nur dieses gewaltige, verstreute Gewimmel, das die Menschheit war, davon überzeugen, dass sie etwas unternehmen mussten, um dem Schicksal ihrer Vorläufer zu entgehen. Entweder taten sie, was nötig war, um die Dunkelheit auf der dritten Seite der Ringtore zu verstehen und zu besiegen, oder sie starben durch diese Kraft.

Die Experimente im Tecoma-System liefen ab wie alle entscheidenden Schritte in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Seit das erste Säugetier beschlossen hatte, sich auf die Hinterbeine zu erheben, um über das Gras hinwegzublicken. Wenn es funktionierte, würde sich abermals alles verändern. Immer veränderte das Neue alles, was vorher war. Das war die am wenigsten überraschende Tatsache des Lebens.

In diesen letzten Augenblicken hatte er nach seiner Teetasse gegriffen, aber mit einem seiner eigenartigen neuen Sinne, die Dr. Cortázar ihm geschenkt hatte, bemerkt, dass das Getränk bereits kalt war. Das Gespür für die Schwingungen der Moleküle entsprach der physischen Wahrnehmung von Wärme – beides maß dieselbe Realität der Materie –, doch der gewöhnliche menschliche Sinn war wie ein Kind, das mit einer Flöte spielte, während Duarte über ein ganzes Sinfonieorchester neuer Wahrnehmungen verfügte.

Dann kam der letzte Augenblick.

In dem kurzen Moment zwischen dem Entschluss, seinen Kammerdiener eine frische Tasse Tee holen zu lassen, und dem Ausstrecken der Hand zur Steuerung des Coms flog Winston Duartes Bewusstsein auseinander wie ein Strohhaufen in einem Wirbelsturm.

Da waren Schmerzen – sehr starke Schmerzen – und Angst. Aber es war niemand mehr da, der etwas fühlen konnte, also klangen sie rasch ab. Es gab kein Bewusstsein, keine Strukturen und keinen Menschen mehr, der die Gedanken festhalten konnte, die aufkamen und wieder verblassten. Etwas Zarteres – etwas Anmutigeres und Komplexeres – wäre gestorben. Die narrative Kette, die sich selbst als Winston Duarte betrachtete, wurde in Stücke gerissen, doch der Körper, der ihn beherbergte, existierte weiter. Die fein abgestimmten Energieströme in seinem Körper gingen in den unsichtbaren Turbulenzen eines inneren Sturmes unter und verloren jeden Zusammenhalt. Und dann, ohne dass es irgendjemand bemerkte, wurden sie langsamer und kamen zum Stillstand.

Seine dreißig Billionen Zellen nahmen weiterhin Sauerstoff aus der komplizierten Flüssigkeit auf, die sein Blut gewesen war. Die Gebilde, die seine Neuronen gewesen waren, verbanden sich miteinander wie Trinkkumpane, die in einer unbewussten Synchronizität gleichzeitig die Ellenbogen beugten. Etwas, das vorher nicht da gewesen war, entstand. Nicht das Alte, sondern eine neue Struktur, die sich in dem zurückbleibenden leeren Raum ansiedelte. Nicht der Tänzer, sondern ein Tanz. Nicht das Wasser, sondern ein Strudel. Keine Person. Kein Bewusstsein. Aber etwas.

Als das Bewusstsein zurückkehrte, erschien es zuerst in Form von Farben. Blau, aber ohne ein Wort für das Blau. Dann kam Rot. Dann ein Weiß, das ebenfalls etwas bedeutete. Ein Bruchstück einer Idee. Schnee.

Freude kam auf und hielt sich länger als die Angst. Ein umfassendes Staunen wallte empor und griff um sich, ohne ein Medium zu besitzen, das es weitertragen konnte. Strukturen entstanden und vergingen, verbanden sich und lösten sich. Die wenigen, die langsamer zerfielen, gingen manchmal Beziehungen mit anderen ein und konnten sich dadurch etwas länger halten.

Wie ein Baby, das mit Tastsinn, Augenlicht und Kinästhesie nach und nach eine Vorstellung von etwas entwickelte, das es noch nicht »Fuß« nennen konnte, berührten kleine Bewusstseinsfragmente das Universum, und etwas wie Verstehen bildete sich heraus. Etwas spürte seine schwerfällige, primitive Körperlichkeit, während es in die großen Lücken zwischen den Zellen Chemikalien einschleuste. Es erfasste die groben, ungehemmten Schwingungen jenseits der Ringtore, die die Welten verbanden, und es dachte an wunde Stellen und Geschwüre. Es spürte etwas. Es dachte etwas. Es erinnerte sich, wie man sich erinnerte, und dann vergaß es.

Es hatte einen Grund gegeben, ein Ziel. Etwas hatte Gräueltaten gerechtfertigt, um noch Schlimmeres zu verhindern. Er hatte seine Nation verraten. Er hatte sich gegen Milliarden verschworen. Er hatte Menschen zum Tode verurteilt, die ihm bis in den Tod treu ergeben waren. Es hatte einen Grund gegeben. Daran erinnerte er sich. Und er vergaß. Er entdeckte von Neuem das prachtvolle Strahlen von Gelb und gab sich der Erfahrung ganz und gar hin.

Er hörte Stimmen, die wie Sinfonien klangen, und hörte sie wie ein Quaken. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass ein »Er« existierte und dass er selbst es war. Es gab etwas, das er tun sollte. Die Menschheit retten. Etwas in dieser Art, etwas lächerlich Großartiges.

Er vergaß.

Komm zurück. Daddy, komm zurück zu mir.

Wie damals, als sie, noch ein Kleinkind, an seiner Seite geschlafen hatte, konzentrierte er sich automatisch auf sie. Seine Tochter quengelte, und er stand auf, damit es seine Frau nicht tun musste. Teresa hatte irgendwann seine Hand genommen und etwas gesagt. An die Worte konnte er sich nicht erinnern, deshalb blickte er in der Zeit zu dem Moment zurück, in dem sie es ausgesprochen hatte. Dr. Cortázar? Er wird mich töten.

Das fand er nicht richtig. Den Grund konnte er nicht benennen. Der Sturm an jenem anderen Ort war laut, flaute ab, war wieder laut. Da gab es eine Verbindung. Er sollte die Menschen vor den Wesen in dem Sturm retten. Vor den Wesen, die der Sturm waren. Oder vor ihrer eigenen allzu menschlichen Natur. Doch seine Tochter war da, und sie war interessant. Er sah die Verzweiflung durch ihr Gehirn und durch den ganzen Körper fluten. Der Kummer in ihrem Blut strahlte wie eine Witterung ringsherum in die Luft aus. Er wollte etwas. Er wollte sie trösten und beruhigen. Er wollte alles wiedergutmachen, was ihr zugestoßen war. Noch interessanter aber war, dass er zum ersten Mal etwas wollte.

Der seltsame Eindruck, als er diese Dinge fühlte, zerrte an seiner Aufmerksamkeit, und er irrte ab. Er hielt ihre Hand und wanderte. Als er zurückkehrte, hielt er immer noch ihre Hand, doch sie war jemand anders. Sir, wir müssen Sie jetzt scannen. Es tut nicht weh.

Dr. Cortázar, er erinnerte sich. Er wird mich töten. Er wedelte Cortázar weg, indem er in die leeren Räume zwischen den winzigen Flöckchen stieß, die ihn zu einer physischen Erscheinung machten, bis der Mann davonwehte wie Staub. So. Das war erledigt. Doch die Anstrengung hatte ihn erschöpft, und sein Körper tat weh. Er gestattete sich abzuirren, bemerkte dabei aber, dass er sich nicht mehr so weit entfernte. Sein Nervensystem war zertrümmert, wuchs jedoch wieder zusammen. Sein Körper bestand darauf, dass es weitergehen musste, obwohl es nicht weitergehen konnte. Er bewunderte seine störrische Weigerung zu sterben, als wäre sie etwas, das außerhalb von ihm selbst existierte. Der dumpfe, rein körperliche Drang weiterzuschreiten, die Entschlossenheit jeder Zelle, weiterzuarbeiten, das störrische Bedürfnis, die Existenz fortzusetzen, das alles erforderte nicht einmal einen Willen. Und das alles hatte eine Bedeutung. Es war wichtig. Er musste sich nur erinnern, warum. Es hatte mit seiner Tochter zu tun. Damit, dass sie wohlbehalten und sicher leben sollte.

Er erinnerte sich. Daran, dass er ein Mann war, der sein Kind liebte, und so erinnerte er sich, dass er ein Mann war. Dieses Band war stärker als der Ehrgeiz, der ein Reich aufgebaut hatte. Er erinnerte sich, dass er sich in etwas verwandelt hatte, das anders war als ein Mensch. Mehr als ein Mensch. Und er begriff, wie ihn diese fremdartige Stärke zugleich geschwächt hatte. Und wie ihn der primitive, für Schuldgefühle unempfängliche Lehm seines Körpers vor der Vernichtung bewahrt hatte. Das Schwert, das eine Milliarde Engel getötet hatte, konnte die Primaten in ihren Blasen aus Metall und...

Erscheint lt. Verlag 9.5.2022
Reihe/Serie The Expanse-Serie
Übersetzer Jürgen Langowski
Sprache deutsch
Original-Titel Leviathan Falls - The Expanse Series Book 9
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 2022 • action • Amazon Prime • Amazon Prime Video • Daniel Abraham • eBooks • James Holden • Neuerscheinung • Rosinante • Science-fiction • Science-Fiction-Epos • Sci-fi • Sonnensystem • Space Opera • The Expanse • TV-Serie • TV-Streaming-Serie • Ty Franck
ISBN-10 3-641-22490-X / 364122490X
ISBN-13 978-3-641-22490-5 / 9783641224905
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