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Fahrenheit 451 -  Ray Bradbury

Fahrenheit 451 (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 2. Auflage
272 Seiten
Diogenes (Verlag)
978-3-257-61137-3 (ISBN)
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Es ist eine Horrorversion des digitalen Zeitalters, die Bradbury vorausgesehen hat: Lesen ist geächtet, Wissen nicht erwünscht, auf Buchbesitz steht Strafe, und die Menschen werden mit Entertainment und Dauerberieselung kleingehalten. Der ?Feuermann? Guy Montag, der an den staatlich angeordneten Bücherverbrennungen beteiligt ist, beginnt sich nach einem traumatischen Einsatz zu widersetzen und riskiert dabei sein Leben.

Ray Bradbury, geboren 1920 in Waukegan (Illinois), wurde gleich mit seinem ersten Roman ?Fahrenheit 451?, den François Truffaut verfilmte, berühmt. Bekannt für seine Science-Fiction schrieb Bradbury auch Kinderbücher, Gedichte und Drehbücher wie jenes zu ?Moby Dick? von John Huston. Ray Bradbury starb 2012 in Los Angeles.

Ray Bradbury, geboren 1920 in Waukegan (Illinois), wurde gleich mit seinem ersten Roman ›Fahrenheit 451‹, den François Truffaut verfilmte, berühmt. Bekannt für seine Science-Fiction schrieb Bradbury auch Kinderbücher, Gedichte und Drehbücher wie jenes zu ›Moby Dick‹ von John Huston. Ray Bradbury starb 2012 in Los Angeles.


Es war eine Lust, Feuer zu legen.

Es war eine besondere Lust zuzuschauen, wie etwas verzehrt wurde, schwarz wurde und sich verwandelte. Er hatte das Messingstrahlrohr fest im Griff, diese große Python, die ihr giftiges Kerosin verspritzte, das Blut pochte ihm in den Schläfen, und seine Hände waren die eines genialen Dirigenten, der all die Symphonien des Sengens und Brennens spielte, um die kläglichen Reste und verkohlten Ruinen der Geschichte zu tilgen. Er trug den Helm mit der symbolischen Zahl 451 auf dem wuchtigen Kopf, beim Gedanken an das Kommende flammten seine Augen orange auf, und er knipste den Zünder an. Das Haus wurde vom Feuer verschlungen, das den Abendhimmel rot und gelb und schwarz brennen ließ. Er schritt durch den Funkenschwarm. Am liebsten hätte er, wie in dem alten Witz, ein Marshmallow auf einen Stock gespießt und in den Glutofen gehalten, während die Bücher unter hektischen Flügelschlägen auf der Veranda und dem Rasen vor dem Haus starben, während die Bücher in einem Funkenwirbel aufgingen und von einem rußgeschwärzten Wind weggetragen wurden.

Montag trug das verbissene Grinsen all der Männer, die vor der sengenden Hitze eines Feuers zurückweichen müssen.

Könnte sein, dass er nach seiner Rückkehr auf die Feuerwache dem Schwarzen Mann im Spiegel zuzwinkert. Noch beim Zubettgehen würde er im Dunkeln das Feuergrinsen auf seinem Gesicht spüren. Es verging nie, dieses Lächeln, niemals, solange er denken konnte.

 

Er hängte seinen lackschwarzen Helm auf und polierte ihn, er hängte seine feuerfeste Jacke ordentlich auf; er duschte ausgiebig, spazierte pfeifend mit den Händen in den Hosentaschen durch das Obergeschoss der Feuerwache und sprang in das Bodenloch. Gerade als die Katastrophe unausweichlich schien, nahm er die Hände aus den Taschen und bremste den Sturz, indem er die goldene Rutschstange packte. Eine Handbreit über dem Betonboden im Erdgeschoss kam er quietschend zum Stehen.

Er verließ die Feuerwache und ging die mitternächtliche Straße entlang zur U-Bahn, in der der leise, luftgetriebene Zug geräuschlos durch sein geschmiertes Tunnelrohr glitt und ihn mit einem Stoß warmer Luft auf die cremefarben gekachelte Rolltreppe entließ, die zum Vorort hinauf‌führte.

Pfeifend ließ er sich von der Rolltreppe in der stillen klaren Nachtluft absetzen. Gedankenverloren ging er auf die Straßenecke zu. Kurz davor jedoch wurde er langsamer, als sei aus dem Nichts ein Wind aufgekommen, als habe jemand seinen Namen gerufen.

In den vergangenen Nächten hatte ihn jedes Mal ein ungutes Gefühl beschlichen, wenn er an den Gehweg zu seinem Haus dachte, der im Sternenlicht vor ihm lag. Als sei dort jemand gewesen, kurz bevor er um die Ecke biegen wollte. Es schien eine besondere Stille in der Luft zu liegen, so, als hätte jemand auf ihn gewartet, lautlos, und sich im nächsten Augenblick in einen Schatten verwandelt und ihn passieren lassen. Möglich, dass er einen Dufthauch wahrnahm, möglich, dass die Haut auf Handrücken und Gesicht an eben jener Stelle den Temperaturanstieg erspürte, wo eine Gestalt für einen Moment die Luft um sich herum einige Grade erwärmt hatte. Er konnte es sich nicht erklären. Jedes Mal, wenn er um die Ecke ging, sah er nur den weißen, menschenleeren, unebenen Gehweg vor sich; vielleicht, dass eines Nachts etwas über den Rasen huschte, bevor er es noch recht sehen oder etwas sagen konnte.

Doch heute Nacht wurde sein Zögern beinahe zum Stillstand. Ein Teil von ihm wollte schon um die Ecke eilen. Ein kaum wahrnehmbares Wispern. Ein Atemzug? Oder eine Veränderung des Luftdrucks, einfach weil dort jemand reglos stand und wartete?

Montag ging um die Ecke.

Das Herbstlaub wehte über den vom Mond erhellten Gehweg, und das Mädchen schien zu gleiten, als würden Wind und Blätter sie vorwärts tragen. Sie hatte den Kopf leicht geneigt und beobachtete, wie ihre Schuhe in den wirbelnden Blättern rührten. Ihr Gesicht war schmal und milchig weiß, und es lag eine sanfte Gier in ihrem Blick, der alles mit unermüdlicher Neugier erfasste. Ein Blick sanften Erstaunens eigentlich; die dunklen Augen saugten sich so sehr fest an der Welt, dass ihnen nichts entging. Das Kleid war weiß und wisperte. Fast glaubte Montag, die Bewegung ihrer Hände zu hören und dann das unendlich leise Geräusch, die weiße Regung ihres Gesichts, als sie den Kopf hob und feststellte, dass wenige Schritte vor ihr ein Mann mitten auf dem Gehweg stand und wartete.

Die Wipfel der Bäume warfen rauschend ihren dürren Regen ab. Das Mädchen blieb stehen, und fast schien es überrascht zurückschrecken zu wollen, doch stattdessen sah sie Montag mit so dunklen, strahlenden und lebhaften Augen an, dass er gerade etwas gänzlich Wundervolles gesagt haben musste. Dabei hatte sein Mund doch sicher nur ein Hallo geformt, und als sie wie gebannt den Salamander an seinem Arm und die Phönix-Scheibe an seiner Brust betrachtete, sprach er erneut.

»Ach ja«, sagte er, »du musst die neue Nachbarin sein.«

»Und Sie sind«, sagte sie und hob den Blick von seinen Dienstabzeichen, »der Feuermann.« Und damit verstummte sie.

»Wie seltsam du das sagst.«

»Ich – ich hätte das auch mit geschlossenen Augen erkannt«, sagte sie bedächtig.

»Ach – der Kerosingeruch? Meine Frau beklagt sich ständig darüber«, sagte er lachend. »Man kriegt ihn nie ganz abgewaschen.«

»Nein, kriegt man wohl nicht«, sagte sie staunend.

Er hatte den Eindruck, dass sie ihn umkreiste, auf den Kopf stellte, leise schüttelte und seine Taschen leerte, ohne sich überhaupt zu rühren.

»Kerosin«, sagte er, um die Stille zu beenden, »ist das reinste Parfüm für mich.«

»Finden Sie wirklich?«

»Aber natürlich. Warum auch nicht?«

Sie nahm sich Zeit, darüber nachzudenken. »Ich weiß nicht.« Sie drehte sich zu dem Gehweg um, der zu ihren Häusern führte. »Stört es Sie, wenn ich Sie begleite? Ich heiße Clarisse McClellan.«

»Clarisse. Guy Montag. Gehen wir. Warum spazierst du denn so spät noch draußen herum? Wie alt bist du eigentlich?«

Sie gingen in der lind wehenden Nacht den silbrigen Gehsteig entlang, und in der Luft lag ein leichter Hauch von frischen Aprikosen und Erdbeeren; Montag sah sich um, und ihm ging auf, dass dies so spät im Jahr völlig unmöglich war.

Da war nur noch das Mädchen, das neben ihm ging, ihr Gesicht leuchtete im Mondschein so hell wie Schnee, und er wusste, sie durchdachte seine Fragen und suchte nach den bestmöglichen Antworten.

»Also«, sagte sie, »ich bin siebzehn, und ich bin verrückt. Mein Onkel meint, eins ergibt sich aus dem anderen. Wenn man dich fragt, sagt er, dann antworte, siebzehn und wahnsinnig. Ist das nicht genau der richtige Zeitpunkt für einen Nachtspaziergang? Ich rieche gern an Dingen und schaue sie mir an, und manchmal bleibe ich die ganze Nacht auf, gehe spazieren und schaue zu, wie die Sonne aufgeht.«

Dann gingen sie schweigend weiter, bis sie schließlich nachdenklich sagte: »Wissen Sie, ich habe gar keine Angst vor Ihnen.«

Er war überrascht. »Warum solltest du auch?«

»Viele Leute haben Angst vor ihnen. Vor Feuermännern, meine ich. Aber Sie sind ja auch nur ein Mensch …«

Er sah sich in ihren Augen, wie er dort in zwei schillernden Tropfen klaren Wassers schwebte, dunkel und winzig, in allen Einzelheiten, die Falten um seinen Mund, alles war dort zu erkennen, als seien ihre Augen zwei wundersame Stücke violetten Bernsteins, fähig, ihn zu erfassen und in seiner Gänze zu bewahren. Ihr Gesicht, das ihm nun zugewandt war, war zerbrechliches milchiges Kristall, mit einem sanften, gleichmäßigen Leuchten darin. Nicht das hysterische Leuchten von Elektrizität, eher – ja was? Eher das merkwürdig beruhigende, seltene, schmeichelhafte Licht einer Kerze. Als er klein war, hatte seine Mutter einmal bei einem Stromausfall eine letzte Kerze gefunden und angezündet, und es hatte eine flüchtige Stunde des Erkennens gegeben, ein Licht, durch das der Raum seine ungeheure Dimension verlor und sie behaglich umfing, Mutter und Sohn, allein und verwandelt, voller Hoffnung, dass nicht so bald wieder Strom fließen möge …

Und dann sagte Clarisse McClellan: »Darf ich Ihnen eine Frage stellen? Wie lange arbeiten Sie schon als Feuermann?«

»Zehn Jahre, seit ich zwanzig bin.«

»Und lesen Sie die Bücher, die Sie verbrennen?«

Er lachte. »Das ist doch gegen das Gesetz!«

»Ach ja, stimmt.«

»Das ist wichtige Arbeit. Montag brennt Millay, Mittwoch Milton, Freitag Faulkner, verbrennt sie zu Asche, und verbrennt dann die Asche. So lautet unser Motto.«

Sie gingen weiter, und das Mädchen sagte: »Stimmt es, dass die Feuermänner früher Brände gelöscht und nicht gelegt haben?«

»Nein. Häuser waren schon immer feuerfest, das kannst du mir glauben.«

»Merkwürdig. Ich habe mal gehört, dass früher Häuser aus Versehen in Brand gerieten und man Feuerwehrmänner brauchte, um die Flammen zu löschen

Montag lachte.

Sie warf ihm einen Blick zu. »Warum lachen Sie?«

»Keine Ahnung.« Wieder lachte er und unterbrach sich. »Warum fragst du?«

»Sie lachen, obwohl ich gar keinen Witz gemacht habe, und Sie antworten sofort. Nie denken Sie über das nach, was ich gefragt habe.«

Er blieb stehen: »Du bist wirklich eigenartig«, sagte er und sah sie an. »Hast du denn gar keinen Respekt?«

»Ich wollte Sie nicht beleidigen. Ich beobachte einfach zu gern Menschen, schätze...

Erscheint lt. Verlag 22.7.2020
Übersetzer Peter Torberg
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 1984 • Apokalypse • Bahrani • Bahrani, Ramin • Buch • congdon • Congdon, Don • Courage • Diktatur • Don • Dystopie • Feuer • Francois • George • Gleichschaltung • Lesen • Matrix • Menschenwürde • Neuübersetzung • Orwell • Orwell, George • Ramin • Science Fiction • totalitär • Truffaut • Truffaut, Francois • Überwachung • Widerstand • Willkür • Ziviler Ungehorsam
ISBN-10 3-257-61137-4 / 3257611374
ISBN-13 978-3-257-61137-3 / 9783257611373
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