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Hitler (eBook)

Eine globale Biographie
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
1056 Seiten
Deutsche Verlags-Anstalt
978-3-641-15536-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hitler -  Brendan Simms
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Ein radikal neuer Blick auf Hitlers Leben, Denken und Handeln
Die wichtigsten Dinge, die wir über Adolf Hitler zu wissen glauben, sind falsch, das zeigt Brendan Simms in dieser umfassend recherchierten und thesenstark argumentierten Biographie. So kreiste Hitlers Denken nicht etwa, wie allgemein angenommen, um den »Bolschewismus«, sein wichtigster Bezugspunkt war vielmehr »Anglo-Amerika«, so Simms. Die Vereinigten Staaten und das Britische Empire galten Hitler als Vorbilder für ein deutsches Weltreich, das sich ebenfalls auf Landgewinn, Rassismus und Gewalt gründen sollte. Der renommierte Historiker zeichnet in seinem Buch nicht nur ein völlig neues Bild von Hitlers Weltanschauung, er zeigt zugleich, warum diese zwangsläufig zu einem Krieg globalen Ausmaßes führen musste: Um zu überleben, musste das deutsche Volk eine mindestens ebenso starke Machtposition erringen wie »Anglo-Amerika«. Und für kurze Zeit schien es sogar möglich, dass Hitler die Herrschaft über die gesamte Welt erringen würde.

Brendan Simms, geboren 1967, ist Professor für die Geschichte der internationalen Beziehungen an der Universität Cambridge. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geopolitik Europas und die Geschichte Deutschlands im europäischen Kontext. Er publiziert in Zeitschriften und Zeitungen zu aktuellen geo- und europapolitischen Themen und ist Autor zahlreicher Bücher, die breite Beachtung fanden, darunter »Die Briten und Europa. Tausend Jahre Konflikt und Kooperation« (2018) und »Hitler. Eine globale Biographie« (2020).

1


Eine Skizze des Diktators als junger Mann

18891913

Adolf Hitler wurde am 20. April 1889 aufgrund eines historischen Zufalls als Österreicher geboren. Sein Geburtsort Braunau am Inn hatte jahrhundertelang zum Herzogtum Bayern gehört, bis es 1779 durch den Frieden von Teschen, der den Bayerischen Erbfolgekrieg beendete, in den Besitz der Habsburgermonarchie überging. Während der unruhigen Zeit der Revolutions- und der napoleonischen Kriege wechselte der Ort mehrmals seine Zugehörigkeit, bevor er 1815 endgültig Österreich zugesprochen wurde. Kulturell und ethnisch markierte die am Inn verlaufende Grenze zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn zumindest in Braunau und Umgebung eine Trennung ohne Unterschied. Der deutsche Dialekt und die traditionellen Gebräuche auf beiden Seiten des Flusses hoben sich kaum voneinander ab. Obwohl Hitler bald weiter nach Osten umzog, wo er in einer Reihe anderer Orte lebte, blieb er sprachlich Oberösterreich und damit »Mittelbayern« verhaftet. 1 Er selbst bezeichnete sich später regelmäßig als »Bajuware«. 2

Politisch war die Kluft jedoch riesig. Rund tausend Jahre hatten die Braunauer zum Heiligen Römischen Reich gehört, einem politischen Gemeinwesen, dessen Einwohner bis zu seinem Zusammenbruch im Jahr 1806 die meisten Deutschen waren. Nach 1815 blieb ihre deutsche Orientierung durch die Zugehörigkeit zum Deutschen Bund bestehen. 1866 bis 1871 stieß der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck jedoch Österreich aus und besiegte Frankreich, um die »kleindeutsche« Vereinigung zum zweiten Deutschen Reich durchzusetzen. Die Habsburger reagierten damit, dass sie sich nach Osten und Süden orientierten und einen Kompromiss mit den unbotmäßigen Ungarn anstrebten. Dank des neuen Status der ungarischen Krone wurden die Braunauer nun Untertranen eines multinationalen Reichs statt Untertanen eines ausdrücklich deutschen Gemeinwesens. Die Grenze zum Deutschen Reich verlief nur 300 Meter entfernt bei Simbach am gegenüberliegenden Ufer des Inns. Hitlers Familie muss sie jeden Tag gesehen haben. Der Vater, Alois Hitler, soll mit den Alldeutschen sympathisiert und gleichzeitig einen liberalen oder zumindest freidenkerischen, der katholischen Kirche skeptisch gegenüberstehenden Standpunkt vertreten haben. 3 Es gibt keine verlässlichen Belege dafür, dass er dem Habsburgerreich nicht loyal gegenüberstand oder Antisemit, Alkoholiker oder seinen Kindern gegenüber gewalttätig war.

Adolf war ein jüngeres Kind in einer verzweigten Familie. 4 Er hatte zwei ältere Halbgeschwister, Alois jr. und Angela, aus der ersten Ehe seines Vaters mit Franziska Matzelsberger. Nach deren Tod hatte Alois seine Kusine Klara Pölzl geheiratet, mit der er sechs Kinder hatte, von denen nur zwei überlebten, Adolf und seine jüngere Schwester Paula. Zwei von Adolfs vier Geschwistern waren vor seiner Geburt gestorben und eines, als er knapp zehn Jahre alt war. Eine wichtige Rolle spielte Klaras Schwester Johanna, »Hanitante« genannt. Aufgrund von Alois’ Arbeit zog die Familie von Braunau – Adresse: Salzburger Vorstadt Nr. 15 – ins nahegelegene Hafeld bei Lambach um. Eine Zeitlang arbeitete er auch in der deutschen Grenzstadt Passau. Als Alois in den Ruhestand ging, siedelte sich die Familie schließlich in Leonding an, 5 wo er am 3. Januar 1903 beim Frühschoppen in einem Wirtshaus zusammenbrach und starb.

Die verwitwete Klara zog mit der Familie zuerst nach Linz und dann nach Urfahr auf der anderen Seite der Donau. Hitler ging jedoch weiter auf die K. k. Staats-Realschule Linz, 6 die für ihre deutschnationale und habsburgfeindliche Einstellung bekannt war. Nachdem er sich in den ersten Schuljahren gut geschlagen hatte, wandelte er sich zu einem gleichgültigen Schüler, der regelmäßig fehlte, nur in Zeichnen und Turnen gute Noten erhielt und dessen Betragen nur als »befriedigend« bewertet wurde. 7 Für ein politisches Interesse gibt es keine zeitgenössischen Belege, wohl aber für die Mitgliedschaft in verschiedenen Kulturvereinen in Linz und Urfahr, wie dem Linzer Musikverein, dem Oberösterreichischen Musealverein und dem Oberösterreichischen Volksbildungsverein. 8 Es spricht auch nichts dafür, dass Hitler seinen Mitschüler, den später berühmten Philosophen Ludwig Wittgenstein, kannte. Sicher ist jedoch, dass er ein schlechter Schüler war, der ein Schuljahr wiederholen musste, bevor er schließlich mit 16 Jahren von der Schule abging.

Welche Auswirkungen diese Wechselfälle aus Tod und Veränderung auf Adolf hatten, ist nicht bekannt. Seine Erfahrungen fielen jedoch nicht aus dem Rahmen: Ein solches emotionales und finanzielles Auf und Ab war damals, wie vielleicht zu allen Zeiten, nicht ungewöhnlich. Es trifft zu, dass sowohl der Vater als auch der Sohn, wie sich später herausstellte, Gefühle für eine Kusine hegten, aber auch dies war damals und später auf dem Lande – sowie in Adelskreisen – nichts Ungewöhnliches. Adolf scheint normale Freundschaften unterhalten zu haben, insbesondere mit August Kubizek, einem Wagnerianer wie er, den er bei einer Opernaufführung kennenlernte und der seine künstlerischen Interessen teilte. In Hitlers Kindheit und früher Jugend, über die zugegebenermaßen sehr wenig bekannt ist, gab es nichts, was auf das hindeutete, was später kommen sollte.

Hitlers Hauptsorgen nach dem Abgang von der Schule waren seine finanzielle Sicherheit, sein Gefühlsleben, seine Karriere als Künstler und der Gesundheitszustand seiner Mutter. Der erste bekannte Brief, den er zusammen mit seiner Schwester Paula verfasste, stammt aus dem Februar 1906 und erbat von der Finanzdirektion Linz die Zahlung einer Waisenrente. 9 Er reiste mehrmals nach Wien, bevor er ganz in die Reichshauptstadt umzog. Dort frönte er seiner Vorliebe für die Opern Richard Wagners. Im Sommer 1906 sah er sowohl Tristan und Isolde als auch den Fliegenden Holländer. Auch das Stadttheater besuchte er. Nicht nur die Musik, auch die Architektur faszinierte ihn. Auf einer Postkarte der Wiener Hofoper bekundete er seine Bewunderung für die »Majestät« des Äußeren; das Innere empfand er jedoch als »überladen«. 10

Anfang 1907 wurde bei Hitlers Mutter Krebs diagnostiziert und erfolglos operiert. Sie besaß zwar keine Krankenversicherung, aber die Rechnungen blieben aufgrund der Güte ihres jüdischen Arztes Eduard Bloch niedrig. Hitler half bei der Pflege seiner Mutter, ihr Tod im Dezember 1907 scheint ihn tief erschüttert zu haben. Allerdings nahm er sich auch während der Krankheit seiner Mutter die Zeit, um nach Wien zu fahren, und mietete dort im Frühherbst sogar ein Zimmer. 11 Sicher ist, dass er Bloch wegen des Todes seiner Mutter nie einen Vorwurf machte oder dadurch zum Antisemiten wurde. Er hielt noch für einige Zeit einen freundlichen Kontakt aufrecht und schickte Bloch sogar eine selbstgemalte Neujahrskarte. 12 Viel später ermöglichte er ihm die Flucht aus Österreich unter weit günstigeren Bedingungen, als sie seinen unglücklichen jüdischen Leidensgenossen gewährt wurden.

Unterdessen erlitt Hitler in Bezug auf seine künstlerischen Ambitionen einen herben Rückschlag. Anfang September 1907 bewarb er sich neben 111 anderen jungen Leuten an der Wiener Akademie für Bildende Künste. In der ersten Runde wurde ein Drittel von ihnen ausgesiebt, Hitler gehörte nicht zu ihnen. Doch in der nächsten Runde hatte er weniger Glück: Seine Probezeichnungen wurden als »ungenügend« bewertet, so dass er nicht unter den 28 Bewerbern war, die schließlich in die Akademie aufgenommen wurden. 13 Dennoch beschloss er im Februar 1908, ganz nach Wien zu ziehen. Dafür borgte er sich als Ergänzung zu seiner Waisenrente von seiner »Hanitante« einen größeren Geldbetrag. 14 Eine Freundin der Familie, Magdalene Hanisch, versuchte ihm in der Hauptstadt den Weg zu ebnen, indem sie sich an Alfred Roller wandte, einen einflussreichen Professor der Kunstgewerbeschule, den Hitler als »großen Meister der Bühnendekoration« verehrte und dessen Wagner-Bühnenbilder er bewunderte. Hanischs Brief an Johanna Motloch, die als Vermittlerin agierte, ist die einzige zeitgenössische Beschreibung Hitlers, die wir besitzen. »Gern wäre ich dem jungen Menschen behilflich«, schrieb sie, »er hat eben niemand, der ein Wort für ihn einlegt oder ihm mit Rat und Tat beisteht; er kam ganz fremd und allein nach Wien, musste allein, ohne Anleitung, überall hingehen, um aufgenommen zu werden.« 15 Alles, was Hitler in Linz halte, fügte sie hinzu, sei seine Waisenrente. Roller willigte ein, Hitler zu empfangen, der sich seinerseits überschwänglich bei Motloch bedankte. Zu einer Begegnung mit dem Professor kam es jedoch nicht.

Hitlers erste Unterkunft in Wien war ein Zimmer in der Stumpergasse. Die Vermieterin Maria Zakreys war Tschechin und sprach, laut Hitler, nur gebrochen Deutsch. Dessen Interesse galt in dieser Zeit vor allem der Musik und Architektur. Mitte Februar 1908 äußerte er die Absicht, ein Klavier zu kaufen, und als sein Freund Kubizek zwei Monate später ankündigte, seine Bratsche mitzubringen, drohte Hitler scherzhaft damit, für zwei Kronen Baumwolle zu kaufen, um sich die Ohren zu stopfen. Bis zum Hochsommer hatte er seinen Überschwang...

Erscheint lt. Verlag 9.3.2020
Übersetzer Klaus-Dieter Schmidt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Hitler. Only the World Was Enough
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte 2. Weltkrieg • Angriffskrieg • Antisemitismus • Bolschewismus • eBooks • Faschismus • Geschichte • Holocaust • Mein Kampf • Nationalsozialismus • Vernichtungskrieg • Weltkrieg • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-641-15536-3 / 3641155363
ISBN-13 978-3-641-15536-0 / 9783641155360
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