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Kleiner Mann - was nun? (eBook)

(Autor)

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2018 | 1. Auflage
340 Seiten
e-artnow (Verlag)
978-80-268-8423-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kleiner Mann - was nun? -  Hans Fallada
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Dieses eBook: 'Kleiner Mann - was nun?' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Die Handlung spielt 1930 bis 1932. Der Buchhalter Johannes Pinneberg und seine Freundin, die Verkäuferin Emma 'Lämmchen' Mörschel, erfahren, dass sie im zweiten Monat schwanger ist. Nach der kurzentschlossenen Heirat der beiden Verliebten kündigt sich eine glückliche Ehe an, wenn auch in bescheidenen Verhältnissen. Kurz nach dem Bezug der gemeinsamen Wohnung in der kleinen norddeutschen Stadt Ducherow wird Pinneberg jedoch aufgrund einer Intrige der Frau seines Arbeitgebers, die ihn mit ihrer Tochter verkuppeln wollte, entlassen und muss sich im Deutschland der Weltwirtschaftskrise eine neue Arbeitsstelle suchen. Rettung kommt von Pinnebergs ungeliebter Mutter Mia... Hans Fallada (1893-1947) war ein Künstler der Neue Sachlichkeit. Er orientiert sich an der Realität, auf die damalige Gesellschaft und auf deren Probleme ein, z. B. die Armut vieler Menschen. Die Voraussetzung dafür war ein kritischer Blick auf die damalige Gegenwart. Die Umgebung wurde nüchtern und realistisch dargestellt. Die soziale, politische und wirtschaftliche Wirklichkeit der Weimarer Republik, die Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges und die Inflation waren beliebte Motive. Die Themen, die die Gesellschaft bewegten, fanden sich in der Literatur wieder.

Mutter Mörschel – Herr Mörschel – Karl Mörschel Pinneberg gerät in die Mörschelei


Lämmchen Mörschel sagte nichts. Sie machte sich von Pinneberg los und setzte sich sachte auf eine Treppenstufe. Plötzlich waren ihre Beine weg. Nun saß sie da und sah zu ihrem Jungen hoch. »Oh Gott!« sagte sie. »Junge, wenn du das tätest!«

Ihre Augen wurden ganz hell. Es waren dunkelblaue Augen mit einer Schattierung ins Grünliche; jetzt strömten sie geradezu über von strahlendem Licht.

Wie wenn alle Weihnachtsbäume ihres Lebens auf einmal in ihr brennten, dachte Pinneberg und wurde ganz verlegen vor Rührung.

»Also geht in Ordnung, Lämmchen«, sagte er. »Machen wir. Und möglichst bald, was?«

»Junge, du brauchst es aber nicht. Ich komme auch so zurecht. Nur, da hast du recht, besser ist es schon, wenn der Murkel einen Vater hat.«

»Der Murkel«, sagte Johannes Pinneberg. »Richtig, der Murkel.«

Er war einen Augenblick still. Er kämpfte mit sich, ob er Lämmchen nicht sagen sollte, daß er bei seinem Heiratsantrag gar nicht an diesen Murkel gedacht hatte, sondern nur daran, daß es sehr gemein war, an diesem Sommerabend drei Stunden auf sein Mädchen in der Straße zu warten. Aber er sagte es nicht. Statt dessen bat er: »Steh doch auf, Lämmchen. Die Treppe ist sicher ganz dreckig. Dein guter weißer Rock ...«

»Laß den Rock, laß ihn sausen! Was kümmern uns alle Röcke von der Welt. Bin ich glücklich! Hannes! Junge!« Nun war sie wirklich auf ihren Beinen und fiel ihm wieder um den Hals. Und das Haus war gütig: von den zwanzig Parteien, die über diese Treppe aus- und eingingen, kam nicht eine, nachmittags nach fünfe in der Laufzeit, wo die Ernährer nach Haus kommen und alle Hausfrauen schnell noch eine vergessene Zutat fürs Essen holen. Keiner kam.

Bis Pinneberg sich frei machte und sagte: »Aber das können wir doch sicher oben auch – als Brautpaar. Gehen wir rauf.«

Lämmchen fragte bedenklich: »Gleich willst du mit? Ist es nicht besser, ich bereite Vater und Mutter vor, wo sie doch gar nichts von dir wissen –?«

»Was doch sein muß, tut man am besten gleich«, erklärte Pinneberg und wollte noch immer nicht auf die Straße. »Übrigens werden sie sich doch bestimmt freuen?«

»Na ja«, meinte Lämmchen nachdenklich. »Mutter sehr. Vater, weißt du, da darfst du dich nicht dran stoßen. Vater flaxt gerne, der meint das nicht so.«

»Ich werd's schon richtig verstehen«, sagte Pinneberg.

Lämmchen schloß die Tür auf: ein kleiner Vorplatz. Hinter einer angelehnten Tür klang eine Stimme: »Emma! Komm gleich mal her!«

»Einen Augenblick, Mutter«, rief Emma Mörschel. »Ich zieh nur meine Schuh aus.«

Sie nahm Pinneberg bei der Hand und führte ihn auf Zehenspitzen in ein kleines Hofzimmer, wo zwei Betten standen.

»Leg deine Sachen dahin. Ja, das ist mein Bett, da schlaf ich drin. Im andern Bett schläft Mutter. Vater und Karl schlafen drüben in der Kammer. Nun komm. Halt, dein Haar!« Sie fuhr ihm schnell mit dem Kamm durch die Wirrnis.

Beiden klopfte das Herz. Sie nahm ihn bei der Hand, sie gingen über den Vorplatz, sie stießen die Tür zur Küche auf. Am Herde stand mit rundem krummem Rücken eine Frau und briet etwas in einer Pfanne. Pinneberg sah ein braunes Kleid und eine große blaue Schürze.

Die Frau sah nicht hoch. »Lauf schnell mal in den Keller, Emma, und hol Preßkohlen. Ich kann das dem Karl hundertmal sagen ...«

»Mutter«, sagte Emma, »das ist mein Freund Johannes Pinneberg aus Ducherow. Wir wollen uns heiraten.«

Die Frau am Herd sah hoch. Es war ein braunes Gesicht mit einem starken Mund, einem scharfen gefährlichen Mund, ein Gesicht mit sehr hellen, scharfen Augen und mit zehntausend Falten. Eine alte Arbeiterfrau.

Die Frau sah Pinneberg an, einen Augenblick, scharf, böse. Dann wandte sie sich wieder ihren Kartoffelpuffern zu. »Dumm Tügs«, sagte sie. »Schleppst du mir jetzt deine Kerle ins Haus?! Geh und hol Kohlen, ich hab keine Glut.«

»Mutter«, sagte Lämmchen und versuchte zu lachen, »er will mich wirklich heiraten.«

»Hol Kohlen, sag ich, Deern«, rief die Frau und fuhrwerkte mit der Gabel.

»Mutter –!«

Die Frau sah hoch. Sie sagte langsam: »Bist du noch nicht unten? Willst du einen Backs?!«

Ganz rasch drückte Lämmchen ihrem Pinneberg die Hand. Dann nahm sie einen Korb, rief, so fröhlich es ging: »Gleich bin ich wieder da!« – und die Flurtür klappte.

Pinneberg stand verlassen in der Küche. Er sah vorsichtig gegen Frau Mörschel hin, als könnte sein Hinsehen sie schon reizen, dann gegen das Fenster. Man sah nur einen blauen Sommerhimmel und ein paar Schornsteine.

Frau Mörschel schob die Pfanne beiseite und hantierte mit den Herdringen. Es klapperte und klirrte sehr. Sie stocherte mit dem Feuerhaken in der Glut, dabei murrte sie vor sich hin. Höflich fragte Pinneberg: »Wie bitte –?«

Es waren die ersten Worte, die er bei Mörschels sagte.

Er hätte nichts sagen sollen, denn wie ein Geier schoß die Frau auf ihn nieder. In der einen Hand hielt sie den Haken, in der andern noch die Gabel vom Pufferwenden, aber das war nicht so schlimm, trotzdem sie damit fuchtelte. Schlimm war ihr Gesicht, in dem alle Falten zuckten und sprangen, schlimmer waren ihre grausamen und bösen Augen.

»Wenn Sie mir mein Mädchen in Schande bringen!« schrie sie außer sich.

Pinneberg trat einen Schritt zurück. »Ich will Emma ja heiraten, Frau Mörschel!« sagte er ängstlich.

»Sie denken wohl, ich weiß nicht, was ist«, sagte die Frau unbeirrt. »Seit zwei Wochen stehe ich hier und warte. Ich denke, sie sagt mir was, ich denke, sie bringt mir den Kerl bald an, ich sitze hier und warte.« Sie holte Atem. »Das ist ein gutes Mädchen. Sie Mann Sie, meine Emma, das ist kein Dreck für Sie. Die ist immer fröhlich gewesen. Die hat mir nie ein böses Wort gegeben – wollen Sie sie in Schande bringen?«

»Nein, nein«, flüstert Pinneberg angstvoll.

»Doch! Doch!« schreit Frau Mörschel. »Doch! Doch! Zwei Wochen stehe ich hier und warte, daß sie ihre Binden zum Waschen gibt – nichts! Wie haben Sie das gemacht, Sie?« Pinneberg kann es nicht sagen.

»Wir sind junge Leute«, sagt er sanft.

»Ach Sie«, sagt sie noch böse, »daß Sie mein Mädchen dazu gekriegt haben.« Plötzlich grollt sie wieder: »Schweine seid ihr Männer, alles Schweine, pfui!«

»Wir heiraten, sobald es mit den Papieren geht«, erklärt Pinneberg.

Frau Mörschel steht wieder am Herd. Das Fett brutzelt, sie fragt: »Was sind Sie denn? Können Sie denn überhaupt heiraten?«

»Ich bin Buchhalter. In einem Getreidegeschäft.«

»Also Angestellter?«

»Ja.«

»Arbeiter wäre mir lieber. – Was verdienen Sie denn?«

»Hundertachtzig Mark.«

»Mit Abzügen?«

»Nein, die gehen noch ab.«

»Das ist gut«, sagt die Frau, »das ist nicht so viel. Mein Mädchen soll einfach bleiben.« Und plötzlich wieder ganz böse: »Denken Sie nicht, daß sie was mitbekommt. Wir sind Proletarier. Bei uns gibt es das nicht. Nur das bißchen Wäsche, was sie sich selbst gekauft hat.«

»Das ist alles nicht nötig«, sagt Pinneberg.

Plötzlich ist die Frau wieder böse: »Sie haben doch auch nichts. Sie sehen doch auch nicht nach Sparen aus. Wenn man mit solchem Anzug rumläuft, bleibt nichts übrig.«

Pinneberg braucht nicht zu gestehen, daß sie ziemlich das Richtige getroffen hat, denn Lämmchen kommt mit den Kohlen. Sie ist bester Stimmung: »Hat sie dich aufgefressen, armer Junge?« fragt sie. »Mutter ist ein richtiger Teekessel, der kocht immer gleich über.«

»Sei nicht so frech, Ütz«, schilt die Alte. »Sonst kriegst du doch noch deinen Backs. – Geht in die Schlafstube und schleckt euch ab. Ich will mit Vater zuerst allein reden.«

»Na also«, sagt Lämmchen. »Hast du meinen Bräutigam auch schon gefragt, ob er Kartoffelpuffer mag? Heute ist unser Verlobungstag.«

»Weg mit euch!« sagt Frau Mörschel. »Und daß ihr mir nicht die Tür abschließt, ich sehe ein paar Mal nach, daß ihr keine Dummheiten macht.«

Sie sitzen sich an dem kleinen Tisch auf den weißen Stühlen gegenüber.

»Mutter ist 'ne einfache Arbeiterin«, sagt Lämmchen. »Die ist so derb, sie denkt sich nichts dabei.«

»Oh, sie denkt sich schon was dabei«, sagt Pinneberg und grinst. »Deine Mutter weiß Bescheid, verstehst du, was uns der Doktor heute gesagt hat.«

»Natürlich weiß sie das. Mutter weiß immer alles. Ich glaub', du hast ihr gut gefallen.«

»Na, hör mal, so sah es aber nicht aus.«

»Mutter ist so. Mutter muß immer schimpfen. Ich hör's schon gar nicht mehr.«

Einen Augenblick ist Stille, beide sitzen sich brav gegenüber, die Hände liegen auf dem Tischchen.

»Ringe müssen wir uns auch kaufen«, sagt Pinneberg gedankenvoll.

»Oh Gott ja«, sagt Lämmchen rasch. »Sag schnell, welche magst du lieber, glänzend oder matt?«

»Matt!« sagt er.

»Ich auch! Ich auch!« ruft sie. »Ich glaube, wir haben in allem den gleichen Geschmack, das ist fein. – Was werden die kosten?«

»Ich weiß auch nicht. Dreißig Mark?«

»So viel?«

»Wenn wir goldene nehmen?«

»Natürlich nehmen wir goldene. Laß sehen, wir wollen Maß nehmen.«

Er rückt zu ihr. Sie nehmen einen Faden von einer Garnrolle. Es ist schwierig. Einmal schneidet das Garn ein,...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2018
Verlagsort Prague
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Aus dem Gleichgewicht • Der König der Gaukler • Der Totengräbersohn • Diana Gabaldon • Die Küsse des Marquis • Im Lautlosen • Ken Follett • Schwestern des Schicksals • tal der träume • Von Elise
ISBN-10 80-268-8423-X / 802688423X
ISBN-13 978-80-268-8423-1 / 9788026884231
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