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Sophia, der Tod und ich (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
320 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-30989-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sophia, der Tod und ich -  Thees Uhlmann
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Das E-Book zur Verfilmung von Charly Hübner mit Dimitrij Schaad, Anna Maria Mühe und Marc Hosemann. Im Debütroman des Musikers Thees Uhlmann geht es ums Ganze. Der Tod klingelt an der Tür. Aber statt den Erzähler ex und hopp ins Jenseits zu befördern, gibt es ein rasantes Nachspiel. Ein temporeicher, hochkomischer, berührender Roman über all das, was im Leben wirklich zählt. Zwischen Tod und Erzähler entspinnt sich ein hinreißendes Wortgefecht, in dem es um Liebe, Freundschaft und Glauben, um den Lakritzgeschmack von Asphalt und das depressive Jobprofil des Todes geht. Zu seiner Verwunderung gelingt es dem Tod nicht, den Erzähler sterben zu lassen. Ein spektakulärer Roadtrip beginnt. Gemeinsam mit seiner ruppigen Exfreundin Sophia und dem Tod macht sich der Erzähler auf den Weg zu seiner Mutter und zu seinem sieben Jahre alten Sohn, den er seit Ewigkeiten nicht gesehen hat, dem er aber Tag für Tag eine Postkarte schreibt.»Sophia, der Tod und ich« ist ein irrsinnig lustiger, anrührender Roman, druck- und kraftvoll in jeder Zeile. »Eine Hymne auf das Leben und die Liebe« Christine Westermann, Frau TV.

Thees Uhlmann, geboren 1974 in Hemmoor, ist Musiker und Autor. Mit seiner Band Tomte und seit 2011 als Solokünstler feiert er große Erfolge, zuletzt mit seinem Album »Junkies und Scientologen«. Sein Romandebüt »Sophia, der Tod und ich« begeisterte Kritik und Publikum und war ein Spiegel-Bestseller. Er wurde fürs Theater adaptiert, in mehrere Sprachen übersetzt und wird demnächst fürs Kino verfilmt. Thees Uhlmann arbeitet an seinem zweiten Roman.

Thees Uhlmann, geboren 1974 in Hemmoor, ist Musiker und Autor. Mit seiner Band Tomte und seit 2011 als Solokünstler feiert er große Erfolge, zuletzt mit seinem Album »Junkies und Scientologen«. Sein Romandebüt »Sophia, der Tod und ich« begeisterte Kritik und Publikum und war ein Spiegel-Bestseller. Er wurde fürs Theater adaptiert, in mehrere Sprachen übersetzt und wird demnächst fürs Kino verfilmt. Thees Uhlmann arbeitet an seinem zweiten Roman.

4


Wie die meisten anderen Menschen hatte ich eine angespannte Beziehung zum Tod. Aber fast noch angespannter war meine Beziehung zu Menschen, die versuchten, sich durch Negatives emotional unvergesslich zu machen. Ich war mal auf einer Hochzeit und eine Bekannte von mir sagte zur Braut: »Das Kleid steht dir wirklich überhaupt nicht!« Die Braut sah wundervoll aus, und außerdem ist es egal, wie man aussieht am Tag der Trauung. Es ist alles großartig auf einer Hochzeit. Das Essen, die Gäste, die Sitzordnung, die Geschenke, die Reden, die Spiele, ALLES. Das ist, wie wenn Fußball ist. Es ist erst mal großartig, dass Fußball ist. Der Rest kommt später.

Sie sagte: »Das Kleid steht dir gar nicht!«, und das nannte sie dann »Ich bin doch nur ehrlich!« – die überschätzteste aller Tugenden –, wollte sich aber nur einen Moment der Ewigkeit im Leben der anderen sichern und ergötzte sich an dem Wissen, dass die Eheleute, so es denn sein sollte, noch in fünfzig Jahren zueinander sagen würden: »Weißt du noch, was sie damals über mein Kleid gesagt hat!?«

Ich schloss die Tür und ließ das Schwein, das mir auf die Nerven gehen wollte, stehen, wo es nach frisch gebrühtem Kaffee roch, ging ins Bad, um zu pinkeln, öffnete die Hose und dachte an die Hochzeit und die fundamentale Traurigkeit, die die Braut befallen haben musste wegen diesem Satz über das Kleid, und daran, wie kaputt man sein musste, um bei fremden Menschen zu klingeln und ihnen mitzuteilen, dass man der Tod ist.

 

»Jetzt nicht erschrecken!«, sagte der Mann, der eben noch vor meiner Tür gestanden hatte und nun auf dem Rand meiner Wanne saß, während ich gerade pinkeln wollte.

Wenn man etwas erlebt, was wirklich seltsam ist, bleibt man seltsam ruhig. Am Anfang meiner Karriere im Altenpflegebereich war ich einmal für ein halbes Jahr zur Finanzierung meines unaufwendigen Lebensstils mobiler Altenpfleger und sah dort zum ersten Mal eine tote Frau. Sie war, als sie noch lebte, sehr nett und blind und rauchte 100er-Zigaretten von Lidl, die sie aufgrund von fortgeschrittenem Parkinson und schwindender Sehkraft am Filter oder in der Mitte anzündete.

Der Teppich ihrer Wohnung war so von Brandflecken übersät, als ob der Vesuv in der Nähe ausgebrochen wäre, und irgendwann kam ich in die Wohnung und diese Frau war tot. Ich war nicht erschrocken. Ich war nicht verängstigt. Ich war einfach nur als Erster in einer Wohnung, über der eine fundamentale Ruhe lag. Es war wie ein Date, zu dem man ein wenig zu spät gekommen ist. Man war traurig, dass der andere schon gegangen war, aber man hatte wenigstens ein Date gehabt.

Ich zog den Reißverschluss wieder zu und schaute den Mann an, der eben noch vor der Tür gestanden hatte.

Er: »Schön haben Sie es hier.«

Ich: »Oh, der Tod hat Humor. Das wusste ich auch noch nicht.«

Er: »Sie verstehen das nicht.«

Ich: »Der Tod siezt mich. Das wird wirklich immer besser. Einer der Chefs des Universums siezt mich.«

Er: »Nur wer sich siezt, kann sich später duzen.«

Ich: »Der Tod hat Humor. Okay, okay, wenn man darüber nachdenkt, hätte man fast selber draufkommen können. Und was soll jetzt schön sein an meiner Wohnung?«

Er: »Die Fülle der Gedanken. Die dunklen und die hellen.«

Ich: »Ich denke nicht! Ich habe schon seit Jahren nicht mehr gedacht!«

Er: »Das denken Sie.«

Ich: »Der Tod hat Humor, siezt mich und weiß mehr über mein Gehirn als ich. Wenn ich jetzt, in DIESEM Moment, wo ich das erleben darf, Lotto spielen würde, hätte ich sechs Richtige.«

Er: »Ja, hätten Sie. Aber das wäre auch egal, weil Sie ja in drei Minuten gehen müssen. Wir befinden uns im Endeffekt gerade in einem Alles-egal-Areal.«

Ich: »Ein Alles-egal-Areal? Jetzt habt ihr auch noch Marketingausdrücke!?«

Er: »Ja, hab ich mir einfallen lassen. Gut, ne? Sonst verstehen die Leute das ja nicht. Wenn sich jemand just vor seinem Ableben etwas wünscht, dessen Erfüllungswahrscheinlichkeit sich sonst im niedrigen Prozentbereich bewegt, dann klappt das jetzt. Hat ja auch keinen Veränderungswert für die Welt. Wir sind ja in drei Minuten tot.«

Ich: »WIR sind in drei Minuten tot?«

Er: »Na ja, ich bin es ja die ganze Zeit, und du kommst mit!«

Ich: »Okay, ich will eine Million.«

Der Tod verdrehte schon wieder die Augen.

Er: »Es gibt so viele schöne Dinge auf der Welt wie Moleküle, und jeder vierte Trottel wünscht sich eine Million.«

Ich: »Ja nu!«

Er: »Was, ja nu?«

Ich: »Ja nu, was soll man sich auch sonst wünschen?«

Er: »Ach, dieses Nachgedenke über die letzten Wünsche, die man sowieso nicht teilen kann mit den anderen. Das macht mich ganz depressiv. Das macht mich noch depressiver als diese ganze Abholerei.«

Ich: »Charmant, sarkastisch, humorvoll, ironisch, depressiv und sieht fast so aus wie ich. Was der Tod nicht alles ist. Man muss sich wundern.«

»Moooment, das mit dem Aussehen kann ich nicht steuern! Ich sehe immer ein wenig so aus wie die Leute, die ich abhole. So, was wollen wir jetzt tun?«, fragte mich der Tod.

Ich: »Ich hab keine beschissene Ahnung!«

Er: »Weißt du, was das Gute ist an euch Menschen?«

Ich: »Ehrlich gesagt, habe ich in den letzten zehn Jahren genau darüber nachgedacht und bin nicht so richtig zu einem Ergebnis gekommen.«

Er: »Ich dachte, du denkst nicht … Egal. Weißt du, was das Gute an euch ist? Dass ihr fluchen könnt.«

Ich: »Du kannst nicht fluchen? Kann doch jeder! Sind doch nur aneinandergereihte Wörter, die nicht im Duden stehen.«

Er: »Ja, aber es bedeutet mir nichts.«

Ich: »Kleinen Zeh im Dunkeln stoßen und dann fluchen?«

Er: »Nein.«

Ich: »Ausgleichstor in der 89. Minute?«

Er: »Nein.«

Ich: »Scheiße sagen, wenn man eine Frau zum ersten Mal nackt sieht und nicht glauben kann, wie hübsch sie ist?«

Er: »Mein Verhältnis zu Frauen und zu Menschen im Allgemeinen ist eher schwierig. Also, was sollen wir jetzt machen?«

Ich: »Mozarts Requiem hören? Das dauert wenigstens länger als drei Minuten.«

Er: »Oh, den kannte ich noch nicht. Aber ich höre keine klassische Musik. Klassische Musik macht mich traurig, und man muss sich Zeit dafür nehmen.«

Ich: »Und du hast ja immer nur so drei Minuten.«

Er: »Exakt!«

Ich: »Können wir eine grundsätzliche Frage klären?«

Er: »Ich liebe Grundsatzdiskussionen.«

Ich: »Was ist auf der anderen Seite?«

Er: »Oh, das weiß ich nicht.«

Ich: »Das weißt du nicht? Ist das dein Ernst? Das ist echt fast so gut wie die Antwort auf die Frage, die ich einmal einem Mädchen gestellt habe: ›Liebst du mich?‹ Und sie sagte darauf: ›Ich weiß es nicht.‹ Hallo, Herrgott, der Tod ist hier. Lässt fast mal eben eine Million auftauchen und behauptet, dass ich noch drei Minuten leben darf, aber er weiß nicht, was am anderen Ende auf einen wartet. Das Leben in der Mitte zwischen dem Hier und dem Danach ist wirklich noch nerviger als alles andere.«

Er: »Ich helfe nur beim Latschen. Ich bin wie ein Taxifahrer, der jemanden ins Bordell bringt. Und wenn du dann fragst: ›Was passiert hinter der Tür?‹, kann der Taxifahrer nichts sagen. Er kann hoffen oder vermuten, aber wissen tut er nichts.«

Ich: »Der Tod hört keine Klassik und bringt Bordell-Analogien. Dass ich das noch erleben darf.«

Er: »Dass du das noch ›erleben‹ darfst, ist ein wenig witzig in diesem unserem Zusammenhang und dem Zeitfenster, das wir noch haben. Was möchtest du jetzt noch machen?«

Ich: »Ich möchte nichts mehr machen. Ich möchte meine Ruhe. Ich möchte nur endlich meine Ruhe. Weißt du, meine Mutter hat mich neulich angerufen. Sie war auf dieser Insel, wo sie immer hinfährt. Wie heißt die noch? Juist. Und sie hat mich angerufen von Juist. Und immer, wenn sie von da anruft, steht sie gerade zum ersten Mal am Strand, und dann sagt sie: ›Naaaa, rate mal, wo ich bin?‹ Und ich habe dann immer einen Ohrwurm von ›I just can’t get enough‹, und ich denke, dass das echt ein guter Slogan wäre für Juist. Und dann möchte ich das denen vorschlagen und dann habe ich aber die Nummer nicht vom Juister Tourismusbüro. Und selbst wenn ich sie hätte, würde ich mit einem Typen telefonieren, der sagen würde: ›Nein, ich denke, dass der Slogan Juist, die große Perle in der Kette der ostfriesischen Inseln besser ist als I juist can’t get enough!‹!« Und dann werde ich beim Denken ärgerlich und ich weiß nicht warum, und darüber werde ich noch ärgerlicher und dann höre ich die Stimme meiner Mutter am Strand und sie hat diesen Tonfall drauf, der mir nichts anderes sagt als: ›Wenn du einmal Hunger im Leben hattest, dann reicht dir ein Telefon, um deinen Sohn anzurufen, und der Strand einer verdammten Insel, um Ruhe zu spüren.‹ Und ich habe nie gehungert und werde auch nie hungern, und dann bekomme ich Herzrasen. Und wenn ich Herzrasen habe, möchte ich Weißwein trinken, was mich unruhig macht, und dann trinke ich mehr, weil es Spaß macht, Weißwein zu trinken, wenn man Herzrasen hat, und dann rast das Herz noch mehr, weil man schneller denkt, über alles, das Gute und das Schlechte, und dann ist es wie bei dieser Frau mit der Waage, dieser Justitia, dass es sich in Sekundenbruchteilen entscheiden kann, ob man gut gelaunt ist oder schlecht gelaunt beim Weißweintrinken. Und dann boxen im Kopf beide Gedanken gegeneinander. Und dann denkt man, dass der gute Gedanke in den Pausen der Boxrunden auch Weißwein trinken sollte...

Erscheint lt. Verlag 8.10.2015
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Debüt • Debüt-Roman • Der Tod • Erinnerungen • Exfreundin • Gevatter Tod • Humor • humorvoll • Leben • Musiker • Reise • Roadtrip • Sohn • Sterben • Suada • Thees Uhlmann • Tod • Tomte • Vater-Sohn-Beziehung
ISBN-10 3-462-30989-7 / 3462309897
ISBN-13 978-3-462-30989-8 / 9783462309898
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