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Kräuter der Provinz (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
512 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-17110-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kräuter der Provinz -  Petra Durst-Benning
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Eine Prise Glück, ein Löffel Freude und jede Menge Liebe - so schmeckt das echte Leben.
Bürgermeisterin Therese liebt ihre schwäbische Heimat - Wiesen mit sattgelbem Löwenzahn, ein paar sanft geschwungene Hügel und mittendrin Maierhofen. Doch die jungen Leute ziehen weg, und der Dorfplatz wird immer leerer. Als Therese krank wird und das Dorf kurz vor dem Aus steht, raufen sich alle Bewohner zusammen - seien es die drei Greisen, die immer auf der Bank sitzen, der linkische Metzgermeister Edi oder die schüchterne Christine. Und sie haben nur noch ein Ziel: ihre schöne kleine Stadt zu retten und das erste Genießerdorf entstehen zu lassen - einen Ort, an dem der echte Geschmack König ist!

Die »Maierhofen«-Reihe von SPIEGEL-Bestsellerautorin Petra Durst-Benning zelebriert Genießen und Schmecken mit allen Sinnen - Entspannung pur!

Petra Durst-Benning wurde 1965 in Baden-Württemberg geboren. Seit über fünfundzwanzig Jahren schreibt sie historische und zeitgenössische Romane. Fast all ihre Bücher sind SPIEGEL-Bestseller und wurden in verschiedene Sprachen übersetzt. In Amerika ist Petra Durst-Benning ebenfalls eine gefeierte Bestsellerautorin. Sie lebt und schreibt im Süden Deutschlands, Frankreich war viele Jahre lang ihre zweite Heimat.

1. Kapitel

Es war das erste Mal, dass sie vom Sterben träumte. Sie lag in einem weißen Hospitalbett, angeschlossen an Zu- und Ableitungen, Sonden und leise piepsende Maschinen. Ihre Augen waren geschlossen, sie wollte sie öffnen, aber es gelang ihr nicht. Ihr Atem dröhnte laut in den Ohren. Doch dann, mit jedem Schlag ihres Herzens, wurde der Atem leiser. Und leiser und leiser …

Es war zwei Uhr, als Therese mit einem erstickten Schrei aufwachte. Ihr Herz raste, ihr Nachthemd war schweißgetränkt. Fragmente des Alptraums liefen wie ein schlechter Film an ihrem inneren Auge vorüber. Sie blinzelte, als könne sie sich so von den Bildern befreien. Zitternd hob sie beide Beine aus dem Bett. Sie zog ihr nasses Nachthemd aus und ging ins Bad.

Aus dem Spiegel starrte sie eine attraktive Endvierzigerin an, mit kräftigen, schön gewölbten Augenbrauen und Augen, die fiebrig glänzten. Sie habe »Schlafzimmeraugen«, hatte ihr einmal ein Mann gesagt. Sie sähe aus wie eine Mischung aus Susan Sarandon und Senta Berger, hatte ein anderer gemeint. Und mehr als einmal hatte sie zu hören bekommen, dass sie eine erotische Ausstrahlung besitze. Auf ihr Aussehen hatte sie sich immer etwas eingebildet. Statt Schlabberbluse und Jeans trug sie lieber eines ihrer zahlreichen Dirndl, die ihre Rundungen vorteilhaft zur Geltung brachten. Den Gästen ihres Gasthauses Goldene Rose gefiel das, auch wenn ihre bunten, fantasievollen Ensembles mit einer echten Tracht nicht viel zu tun hatten.

Schlafzimmeraugen hin, Dirndl her – zu einem Ehemann hatte sie es bisher nicht gebracht. Und nun sah es so aus, als sei der Zug vollends abgefahren.

Sie wollte nicht sterben. Nicht jetzt mit achtundvierzig. Und auch nicht in den darauffolgenden Jahren.

Nachdem sie sich ein frisches Nachthemd angezogen hatte, ging sie noch immer wie in Trance und sich am Geländer festhaltend die Treppe hinab ins Erdgeschoss, wo sich Wohnzimmer und Küche befanden. Von allein fand Thereses rechte Hand den altmodischen Lichtschalter neben der Tür zu ihrer winzigen Küche. Wie immer, wenn sie nachts aufwachte, lauschte sie auf Geräusche, die nicht in die Nacht und in das Haus gehörten. Doch alles war still. Nur in ihrem Inneren tobten Chaos und Tumult.

Eine Tasse Kaffee. Schlafen würde sie wahrscheinlich sowieso nicht mehr können. Mit diesem Gedanken schloss Therese die Verbindungstür auf, die von ihrer Wohnung hinüber in die Gaststätte führte. Die Goldene Rose war ein Lokal mit einem großen Schankraum und etlichen Nebenräumen. Massive dunkelbraune Holzmöbel dominierten das Bild, an den Fenstern hingen rotweiß karierte Gardinen, die Tischläufer waren aus demselben Stoff. Der Chic der Siebzigerjahre, dachte Therese nicht zum ersten Mal. Wie oft hatte sie sich schon vorgenommen, ihre Gasträume hübscher und moderner zu gestalten! Neue Stoffe aussuchen, schöne Kissen nähen für die lange Sitzbank neben dem Kachelofen. Die verstaubten Trockenblumensträuße durch neue ersetzen. Über neue Lampen nachdenken, die alten waren nun wirklich keine Augenweide mehr! Aber immer gab es tausend andere Dinge vorher zu tun. Und allem Anschein nach würde sich das in absehbarer Zeit auch nicht ändern.

In der Gaststube roch es wie immer. Nach Bier, nassen Spüllappen und nach der Rotweinsoße, für die ihr Koch Sam berühmt war.

Während sich die große Kaffeemaschine aufheizte, schaute Therese aus dem Fenster. Am verhangenen Himmel stand ein schwacher Mond. Er und die neuen, orange leuchtenden Laternen, die das Dorf erst im letzten Herbst bekommen hatte, schenkten den Straßen ein heimeliges Licht. Wer hier nachts zu Fuß oder mit dem Auto unterwegs war, fühlte sich sicher. Die Laternen waren eine gute Investition gewesen, befand Therese, auch wenn sie heftig mit dem Gemeinderat darum hatte ringen müssen. Aber als Bürgermeisterin einer Gemeinde, die chronisch knapp bei Kasse war, kannte sie es nicht anders.

In allen umliegenden Häusern war es dunkel, nur im Haus von Magdalena, das auf der anderen Seite des Maierhofener Marktplatzes lag, brannte Licht. Konnte die Bäckersfrau auch nicht schlafen? Oder war dies die normale Zeit, in der sie sich für ihren langen Tag im Backhaus und später in ihrem Laden mit dem Café herrichtete? Therese bildete sich ein, ziemlich viel über die Maierhofener zu wissen, aber wann Magdalenas Arbeitstag begann, wusste sie nicht. Seltsam.

Als der Kaffee durchgelaufen war, nahm sie die Tasse, schaltete alle Lichter wieder aus und ging zurück in ihre Wohnung. Nicht zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, wie klein der quadratische Wohnanbau im Gegensatz zum großen Gasthaus doch war. Wie ein Wurmfortsatz. Ein lästiges Anhängsel. Als wäre den Erbauern des Gebäudes erst nachträglich eingefallen, dass die Wirtsleute ja auch irgendwo wohnen mussten. Die paar Quadratmeter im Erdgeschoss reichten gerade einmal für die winzige Küche und das Wohnzimmer, in dem man sich zwischen Sofa, Bücherschrank und Fernsehtischchen kaum bewegen konnte. Im ersten Stockwerk befanden sich das ehemalige Elternschlafzimmer – heute Thereses Schlafzimmer – und außerdem ein Bad mit Wanne und WC. Der Raum ganz oben unterm Dach war mehr eine Kammer als ein richtiges Zimmer, doch dort hatte Therese ihre Kindheit verbracht.

Während sie den Kaffee trank, schaute sie sich gedankenverloren in ihrem Wohnzimmer um. Von dem dicken Stapel Unterlagen auf dem Couchtisch abgesehen, lag nichts herum. Keine Zeitschrift, kein Strickzeug, nicht einmal die Ohrringe, die sie gestern Abend abgenommen hatte, weil sie an den Ohrläppchen drückten. In ihrem Schlafzimmer sah es nicht anders aus. Die Dirndl hingen fein säuberlich im Schrank, Schmutzwäsche kam sofort in den dafür vorgesehenen Korb, alles hatte seine Ordnung. So war sie es von klein auf gewöhnt. Wehe, sie hatte es als Kind gewagt, eine ihrer Puppen oder anderes Spielzeug unten im Haus herumliegen zu lassen! Da hatte es von ihrer Mutter, von Natur aus eine leicht reizbare Person, schnell Backpfeifen gegeben. Einmal hatte sich Mutter sogar ihre Lieblingspuppe geschnappt und sie in den Mülleimer geworfen. Stundenlang hatte sie, Therese, nach der Puppe gesucht. Vergeblich. Erst viel später hatte sie von ihrer Mutter erfahren, wo das Spielzeug gelandet war.

»Hör auf zu jammern! Hätte dir etwas an der Puppe gelegen, hättest du besser auf sie aufgepasst«, war die barsche Antwort der Mutter auf Thereses Protest gewesen. Diese Lektion hatte Therese nie vergessen. Seitdem passte sie auf alles auf, was ihr lieb und teuer war. Auf alles – nur nicht auf sich selbst.

All die Ordnungsliebe, vergeblich. Denn nichts war mit ihr in Ordnung, gar nichts.

Gebärmutterhalskrebs. Die elfthäufigst diagnostizierte Krebsart. Die zwölfthäufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle. Circa 6000 Frauen erkrankten jährlich in Deutschland daran, etwa 1800 starben. Stundenlang hatte sie in den letzten Wochen im Internet recherchiert, hatte von Impfungen, Ursachen und Heilungschancen gelesen. Sie hatte Berichte von Betroffenen verschlungen und die Empfehlungen der Deutschen Krebshilfe. Die meisten Informationen hatte sie gleich wieder verdrängt, bevor sie sich in ihr Bewusstsein eingraben konnten. Eine von drei Frauen starb an diesem Krebs …

Warum war sie nicht regelmäßig zu ihrer Frauenärztin gegangen? Andere Frauen bekamen das doch auch hin. Ganze vier Jahre waren seit der letzten Untersuchung verstrichen. Unnütze Zeitverschwendung, hatte sie gedacht. Ihr fehlte doch nichts. Die Zeit für die Fahrt in die Kreisstadt konnte sie viel besser nutzen. Fürs Arbeiten und fürs Aufräumen zum Beispiel.

Therese gab einen Seufzer von sich, der eher einem erstickten Aufheulen glich.

Warum sie? Warum? Ihr Blick fiel zum wiederholten Mal auf den Stapel Unterlagen, den ihre Ärztin ihr mitgegeben hatte. Patienteninformationen, Hochglanzbroschüren von zwei Krankenhäusern, die auf solche Fälle spezialisiert waren, Unterlagen, die sie auszufüllen und bei ihrer Krankenkasse einzureichen hatte.

»Lesen Sie alles in Ruhe durch. Und wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich bitte jederzeit an mich«, hatte Frau Doktor Maier zu ihr gesagt. Ihr Ton war mitfühlend, fast mitleidig gewesen.

Therese hatte sich mit einem kräftigen Händedruck bei der Ärztin bedankt. Mit ebenso kräftigen Schritten war sie aus der Praxis gegangen. Sie und Krebs? Ein Irrtum. Vertauschte Unterlagen oder sonst ein Fehler. Topfit fühlte sie sich. Zugegeben, da war dieses Ziehen im Unterleib. Aber musste man jedes Zipperlein gleich ernst nehmen? Dafür war sie nicht der Typ.

Zwei Wochen waren seitdem vergangen. Gestern hatte die Ärztin angerufen. Natürlich wäre es gut, sich bei solch einer Erkrankung Zeit zu nehmen, sich in Ruhe kundig zu machen, sich gegebenenfalls auch eine Zweitmeinung einzuholen. Der Mensch müsse sich schließlich an den Gedanken, sehr krank zu sein, erst gewöhnen. Nichts müsse von heute auf morgen geschehen. Aber zu viel Zeit sollte Therese lieber auch nicht verstreichen lassen. Deshalb habe sie, die Ärztin, in der Woche nach Pfingsten Termine für die letzten wichtigen Voruntersuchungen reserviert, danach sollte unmittelbar die Behandlung beginnen.

Therese hatte nur geschwiegen. Irgendwie waren die Worte der Ärztin gar nicht richtig zu ihr durchgedrungen, es war vielmehr so, als würde sie versehentlich ein fremdes Gespräch in der Leitung belauschen. Bis nach Pfingsten waren es ja noch ein paar Tage, hatte sie gedacht, als die Ärztin beim Abschied erneut auf die Dringlichkeit hinwies.

»Ein Sack Kartoffeln, eine Kiste Äpfel, vier Pfund Butter, Radieschen, Salat, Karotten, fünf Kilo Schweinehals, drei Kilo...

Erscheint lt. Verlag 14.9.2015
Reihe/Serie Die Maierhofen-Reihe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Allgäu • Dorfgemeinschaft • eBooks • Essen • Frauenroman • Frauenromane • Frauenunterhaltung • Freundinnen • Freundschaft • geschenke für die beste freundin • Heimat • Landleben • Liebesromane • Neuerscheinung 2023 • Ortsverbundenheit • Petra Durst-Benning Die Fotografin • Petra Durst-Benning Die Köchin • Rezepte im Buch • Romane für Frauen • Schwaben • Sommerroman • spiegel bestseller • SPIEGEL-Bestseller • Wohlfühlroman
ISBN-10 3-641-17110-5 / 3641171105
ISBN-13 978-3-641-17110-0 / 9783641171100
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