Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

In der Finsternis (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
560 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-96935-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

In der Finsternis -  Sandrone Dazieri
Systemvoraussetzungen
8,99 inkl. MwSt
(CHF 8,75)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Dante Torre besitzt eine besondere Gabe. Er kann Menschen lesen. Aber er hat teuer dafür bezahlt. Elf Jahre war er eingesperrt in ein Betonverlies und darauf angewiesen, die kleinste Regung seines Entführers zu deuten. Als Jahre nach seiner Befreiung ein kleiner Junge verschwindet, weiß Dante Torre, dass der Mann, den er Vater nennen musste, dahintersteckt. Doch der Vater gilt längst als tot. Nur Colomba Caselli glaubt Dante. Sie ist jung, gerade vom Dienst suspendiert und hat nichts zu verlieren bei dieser Ermittlung fern von allen Regeln. Dantes Spürsinn bringt die traumatisierte Frau auf eine Fährte: Jahrelang sind unzählige Kinder entführt worden - mit dem Ziel, ihre Erinnerung auszulöschen und sie zu neuen Menschen zu machen. Jetzt wird Colomba Caselli endgültig von ihrer Vergangenheit eingeholt ...

Sandrone Dazieri, geboren 1964 in Cremona, ist einer der erfolgreichsten Krimi-Drehbuchautoren Italiens. Er arbeitete als Programmmacher im größten Verlagshaus Italiens und gründete einen eigenen Verlag für Kriminalromane. Mit den Ermittlern Dante Torre und Colomba Caselli eroberte er die internationalen Bestsellerlisten und avancierte zu einem der erfolgreichsten Spannungsautoren Europas.

Sandrone Dazieri, geboren 1964 in Cremona, ist einer der wichtigsten Drehbuchschreiber für italienische Kriminalfilme. Er arbeitete als Lektor für Kriminalromane im größten Verlagshaus Italiens. Er lebt heute in Mailand, Rom, Pergola, Cremona und Moskau.

3 Colomba saß noch weitere fünf Minuten auf dem Boden und atmete kontrolliert ein und aus. Seit der letzten Panikattacke waren Tage vergangen. Wochen. Die Anfälle hatten direkt nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus begonnen. Man hatte sie darauf vorbereitet, dass so etwas passieren konnte – es sei sogar zu erwarten, nach dem, was sie erlebt habe –, aber sie hatte sich auf ein leichtes Zittern und gelegentliche Schlafstörungen eingestellt. Doch der erste Anfall hatte sie wie ein Erdbeben erschüttert, und der zweite war noch schlimmer gewesen. Sämtliche Sinne waren durch den Sauerstoffmangel erloschen, und sie hatte sich dem Tod nahe geglaubt. Immer häufiger waren die Anfälle aufgetreten, bis zu drei-, viermal am Tag. Ein Geräusch oder ein Geruch reichte, um sie auszulösen. Rauchgeruch zum Beispiel.

Der Krankenhauspsychologe hatte ihr seine Nummer gegeben, damit sie ihn anrufen konnte, falls sie Unterstützung brauchte. Er hatte sie sogar eindringlich darum gebeten. Aber Colomba hatte weder mit ihm noch mit sonst jemandem darüber gesprochen. Sie hatte sich in einer Männerwelt durchgesetzt, und es gab dort nicht wenige, die sie lieber mit einer Tasse Kaffee als mit einer Pistole in der Hand sähen. Folglich hatte sie gelernt, Schwächen und Probleme vor ihren Mitmenschen zu verbergen. Außerdem dachte sie in ihrem tiefsten Innern, dass sie es verdient hatte. Als Strafe für die große Katastrophe.

Während sie sich ein Pflaster auf den Handknöchel klebte, dachte sie darüber nach, ob sie Rovere anrufen und zum Teufel schicken sollte, aber das widerstrebte ihr aus irgendeinem Grund. Sie würde die Begegnung auf das Nötigste beschränken, und wenn sie erst ihren guten Willen unter Beweis gestellt hätte, würde sie heimkehren und das Kündigungsschreiben, das bereits in der Küchenschublade lag, in den Briefkasten werfen. Danach würde sie sich Gedanken darüber machen, was sie mit ihrem Leben anstellen sollte. Sie hoffte, dass sie nicht so werden würde wie diese pensionierten Kollegen, die um das Präsidium, die Questura, herumschlichen und sich immer noch als Teil der Familie fühlten.

Draußen entlud sich jetzt ein Gewitter, das die Erde in ihren Grundfesten zu erschüttern schien. Colomba zog eine Regenjacke über ihr Sweatshirt und verließ die Wohnung.

Am Steuer des Streifenwagens saß ein junger Polizist, der trotz des Regens ausstieg, um sie zu begrüßen. »Alberti Massimo, Dottoressa Caselli.«

»Steig ein, sonst wirst du nass.« Sie setzte sich auf den Beifahrersitz. Ein paar Nachbarn waren im Schutz ihrer Regenschirme stehen geblieben und beobachteten die Szene neugierig. Colomba war erst kürzlich eingezogen, und nicht alle wussten, was sie beruflich machte. Wahrscheinlich wusste es niemand, wenn man bedachte, wie selten sie mit jemandem sprach.

Colomba war der Streifenwagen so vertraut wie die eigene Wohnung. Das reflektierende Blaulicht in der Windschutzscheibe, das Knistern des Funkgeräts und die Fotos der Vermissten, die an der Sonnenblende hingen, begrüßten sie wie alte Bekannte, die sie lange nicht mehr gesehen hatte. Bist du wirklich bereit, hierauf zu verzichten? Nein, war sie nicht. Aber es gab keine Alternative.

Alberti schaltete die Sirene an und fädelte sich in den Verkehr ein. Colomba schnaubte. »Mach die aus«, sagte sie. »Wir haben es nicht eilig.«

»Ich habe Anweisung, Sie so schnell wie möglich hinzubringen, Dottoressa«, erwiderte Alberti, kam ihrer Bitte aber nach.

Der junge Mann war etwa fünfundzwanzig und hatte helle Haut mit einem Anflug von Sommersprossen. Sein Rasierwasser gefiel ihr, aber für die Tageszeit roch es ziemlich intensiv. Vielleicht hatte er den Flakon dabei und sich extra noch einmal eingesprüht, um Eindruck zu schinden. Auch die Uniform war erstaunlich sauber.

»Bist du neu?«, erkundigte Colomba sich.

»Ich habe vor einem Monat die Polizeischule beendet, Dottoressa, nach dem freiwilligen Wehrdienst. Ursprünglich komme ich aus Neapel.«

»Du hast spät angefangen.«

»Wenn man mich letztes Jahr nicht genommen hätte, wäre ich zu alt gewesen. Ich habe es gerade noch so geschafft.«

»Na, dann mal herzlichen Glückwunsch«, murmelte sie.

»Darf ich Sie etwas fragen, Dottoressa?«

»Schieß los.«

»Wie kommt man zur Squadra Mobile?«

Colomba verzog das Gesicht. Fast alle Kollegen von der Streife wollten zur Squadra Mobile. »Das läuft nur auf Empfehlung. Stell bei deinem Vorgesetzten einen Antrag und mach einen gerichtspolizeilichen Lehrgang. Falls du das vorhast, solltest du dir aber klarmachen, dass die Arbeit nicht so toll ist, wie man sich das immer vorstellt. Dienst nach Vorschrift kannst du vergessen.«

»Darf ich fragen, wie Sie es geschafft haben?«

»Nach der Ausbildung in Mailand war ich zwei Jahre in der Questura, dann war ich bei der Droge in Palermo. Als Dottor Rovere vor vier Jahren nach Rom gegangen ist, bin ich seine Vize geworden.«

»Bei der Mordkommission.«

»Wenn ich dir einen Rat geben darf: Sag niemals Mordkommission, wenn nicht alle merken sollen, dass du ein Pinguin bist.« So nannten sie die Neuen. »Die Mordkommission gibt es nur im Fernsehen. Bei uns handelt es sich um die dritte Abteilung der Squadra Mobile, okay?«

»Entschuldigung, Dottoressa«, sagte Alberti. Wenn er rot wurde, traten die Sommersprossen noch deutlicher hervor.

Colomba hatte keine große Lust, über sich selbst zu reden. »Wie kommt es, dass sie dich alleine in der Gegend herumfahren lassen?«

»Normalerweise fahre ich mit einem älteren Kollegen, aber ich habe mich freiwillig für die Suchaktion gemeldet, Dottoressa. Mein Kollege und ich waren es, die Maugeri heute auf der Landstraße aufgegriffen haben.«

»Ich habe keinen blassen Schimmer, wovon du überhaupt redest.«

Und nun erfuhr Colomba von den verschwundenen Ausflüglern und dem Mann in Shorts.

»Letztlich habe ich mich aber gar nicht an der Suche beteiligt. Ich bin zur Wohnung gefahren, wo man mich als Wachtposten zurückgelassen hat«, schloss Alberti.

»Zur Wohnung der Familie?«

»Ja. Sollte die Frau davongelaufen sein, hat sie jedenfalls nichts mitgenommen.«

»Und was sagen die Nachbarn?«

»Nichts Brauchbares, Dottoressa, nur ein Haufen Geschwätz«, sagte Alberti und lächelte. Dass er sich nicht zwang, an der bierernsten Miene der Pinguine festzuhalten, sprach für ihn.

Unwillkürlich musste Colomba ebenfalls lächeln. Das tat fast weh, weil sie es nicht mehr gewöhnt war. »Wo fahren wir eigentlich hin?«

»Das Koordinationsteam hat im Reitzentrum von Vivaro Posten bezogen. Wir sind dort, dann die Carabinieri, die Feuerwehr und der Zivilschutz. Und eine Menge Menschen, die ein gewaltiges Spektakel veranstalten. Die Sache hat sich rumgesprochen.«

»Das bleibt nicht aus«, kommentierte Colomba missmutig.

»Vor drei Stunden kam Hektik auf. Ich habe gesehen, wie zwei Land Rover in Richtung Monte Cavo aufgebrochen sind, zwei Offiziere und ein Staatsanwalt. Dottor De Angelis. Kennen Sie den?«

»Ja.«

Das gefiel ihr überhaupt nicht. Staatsanwalt Franco De Angelis ließ keine Gelegenheit aus, um in die Medien zu kommen. Bis zu seiner Pensionierung waren es nur noch ein paar Jahre hin, und es hieß, er strebe einen Posten im Obersten Gerichtsrat an und würde dafür sogar seine Großmutter verkaufen.

»Wie weit liegt der Monte Cavo von der Stelle entfernt, wo die Familie gepicknickt hat?«, erkundigte Colomba sich.

»Zwei Kilometer durch den Wald, zehn auf der Straße. Interessiert Sie das Informationsblatt? Auf dem Armaturenbrett liegt ein Ausdruck.«

Das Blatt zeigte auch zwei Fotos, die man auf Facebook gefunden hatte. Lucia Balestri, Maugeris Frau, hatte schwarzes, gewelltes Haar und sah älter aus als neununddreißig. Der Junge war pummelig und trug eine Brille aus Glasbausteinen. Auf dem Foto saß er in der Schulbank und schaute nicht in die Linse. Sechseinhalb Jahre. Sein Name war Luca.

»Wenn sie bis zum Monte Cavo gelangt sind, müssen sie eine schöne Strecke zurückgelegt haben, er und seine Mutter. Und niemand hat sie gesehen?«

»Soweit ich weiß, nicht.«

Wieder prasselte Regen auf sie herab, und der Verkehr geriet ins Stocken. Mithilfe des Blaulichts teilten sie die Blechlawine wie Moses das Rote Meer und erreichten nach einer halben Stunde die Abfahrt. Colomba konnte bereits die Einsatzwagen und Transporter sehen, die vor der Umzäunung des Reitzentrums zu einer kompakten Masse verschmolzen. Die Anlage selbst bestand aus einer Ansammlung verlassener einstöckiger Gebäude, die um eine Trabrennbahn herum errichtet worden waren.

Im Schritttempo fuhren sie über die Landstraße, die von Streifenwagen, Zivilfahrzeugen, Bussen der Carabinieri, Krankenwagen und Löschfahrzeugen verstopft wurde. Auch zwei Übertragungswagen mit Satellitenschüsseln auf dem Dach hatten sich eingefunden, außerdem eine fahrbare Feldküche, aus der dichter Qualm aufstieg. Fehlen nur noch die Jahrmarktsstände und eine Schießbude, dachte Colomba.

Alberti parkte hinter einem Camper. »Wir sind da, Dottoressa. Dottor Rovere erwartet Sie in der Einsatzzentrale.«

»Warst du hier schon?«, fragte Colomba.

»Ja, Dottoressa.«

»Komm mit, dann geht es schneller.«

Alberti zog die Handbremse an und führte sie an den leeren Gebäuden vorbei. Colomba hörte das Wiehern der Pferde hinter der Mauer und hoffte, nicht plötzlich vor einem Tier zu stehen, das wegen des Gewitters durchgegangen war. Ihr Ziel war eines der kleineren Gebäude, vor dem zwei uniformierte Polizisten Wache hielten. Sie nickten Alberti zu und ignorierten Colomba, die nur eine Zivilistin sein...

Erscheint lt. Verlag 9.3.2015
Reihe/Serie Colomba Caselli
Übersetzer Claudia Franz
Sprache deutsch
Original-Titel Uccidi il padre
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Buch • Bücher • Colomba Caselli • Dante Torre • Ermittler • Ermittlerin • Gedächtnisverlust • Italien • Kindesentführung • Menschenexperimente • Polizist • Polizistin • Psychologie • Psychologischer Thriller • Psychopath • Psychothriller • Reihe • Rom • Serienkiller • Serienmörder • Spannung • Thriller • Trauma
ISBN-10 3-492-96935-6 / 3492969356
ISBN-13 978-3-492-96935-2 / 9783492969352
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 3,6 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
CHF 9,75
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
CHF 9,75
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
CHF 9,75