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Und zwischen uns ein Ozean aus Schweigen (eBook)

Das hochemotionale und feinfühlige YA-Debüt der mehrfach ausgezeichneten New-York-Times-Bestsellerautorin!

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
480 Seiten
cbj Kinder- & Jugendbücher (Verlag)
978-3-641-29742-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Und zwischen uns ein Ozean aus Schweigen -  Joanna Ho
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»Es gibt ein Schweigen, das uns fesselt. Es lähmt unsere Zungen, wenn wir Hilfe brauchen.«
Maybelline Chen ist ein typisch amerikanischer Teenager mit chinesisch-taiwanesischen Wurzeln - und definitiv nicht die Tochter, die sich ihre Mutter wünscht. Mays geliebter älterer Bruder Danny auf der anderen Seite ist der perfekte Sohn und hat gerade die Zusage für ein Studium in Princeton erhalten. Was niemand ahnt: Im Verborgenen kämpft Danny mit Depressionen, und als er sich das Leben nimmt, bricht für May eine Welt zusammen. Doch noch während May und ihre Familie versuchen, ihre Trauer zu bewältigen und zurück ins Leben zu finden, werden den Chens rassistische Anschuldigungen entgegengeschleudert. May kann den Hass kaum ertragen und wehrt sich mit einer emotionalen Gegendarstellung in der Zeitung. May will damit eigentlich nur ihre Familie verteidigen und ist in keiner Weise auf die Folgen vorbereitet, die ihr Artikel nach sich zieht ...

Herzzerreißend schön, real und poetisch zugleich - für alle Fans von John Green, Nicola Yoon und Sabaa Tahir!

Joanna Ho ist eine New-York-Times-Bestsellerautorin, deren Bücher vielfach ausgezeichnet wurden. In ihrer beruflichen Laufbahn war sie bereits Englischlehrerin, Dekanin, professionelle Entwicklungsplanerin sowie Vizedirektorin einer Highschool. Ihre Leidenschaft für Gleichberechtigung in Büchern und in der Bildung steht ihrer Liebe für selbst gebackene Chocolate Chip Cookies, Outdoor-Abenteuer und Tanzpartys mit ihren Kindern in nichts nach. Mehr Infos zur Autorin auf www.joannahowrites.com und unter @JoannaHoWrites.

1


Meine Mutter hat ihr ganz persönliches Waffenarsenal an Schweigen, das sie wie die MACHT einsetzt, um mich ihrem Willen zu unterwerfen. Ihr Schweigen kann sich als blinkendes gelbes Licht äußern, das mich zur Vorsicht mahnt, oder als Vergrößerungsglas, mit dem sie mich wie eine außerirdische Spezies studiert. Meistens ist ihr Schweigen ein Nilpferd, das mit Enttäuschung trächtig ist und das sie drohend vor mir hin und her schwenkt, während sie charmant ein Abendessen gibt, mit den Gästen plaudert und ihnen Tee anbietet.

Wie an dem Abend, an dem Danny starb.

Als die Familie Wu zum Abendessen eintraf, kam Danny mit der Anmut eines über eins achtzig großen Wasserbüffels die Treppe heruntergepoltert und brüllte: »May-May! Hast du meine Star-Wars-Socken gesehen?« Beim Anblick der Wus erstarrte er, doch dann lachte er los. »Star Wars finden alle toll, oder?« Danach drehte er sich auf dem Absatz um und rannte in sein Zimmer zurück. Es war irgendwie seltsam, wie zerstreut er in den letzten Monaten seines Lebens war.

Meine Mutter kam aus der Küche, akkurat gebügelt und mit glitzernden Dampfperlen in den Haaren. Sie schüttelte bloß den Kopf und lachte.

Mit einem Seitenblick nahm sie meine üblichen zerrissenen Jeans zur Kenntnis und meine zu einer Zimtschnecke auf dem Kopf zusammengedrehten Haare. Ich trug meinen ordentlichsten Hoodie, aber das hielt die rechte Augenbraue meiner Mutter nicht davon ab, zu zucken, als sie unbeirrt lächelnd unsere Gäste begrüßte. »«

Zu mir sagte sie nichts.

Ich schaute zu Celeste, die natürlich perfekt aussah. Ihre glänzenden Haare fielen ihr wie ein seidig glatter Wasserfall über den Rücken. Sie trug ein locker sitzendes schwarzes Kleid, das züchtig über dem Knie endete, eines dieser unförmigen Dinger, die an mir wie ein Kartoffelsack aussahen, sie jedoch wie ein Model wirken ließen. Celestes Figur war für Qipao wie geschaffen: schlank, genau genommen winzig, mit Andeutungen von Kurven an genau den richtigen Stellen.

Als meine Mutter sie begrüßte, lächelte Celeste, senkte den Kopf und sagte: », Āyí.« Ihr Mandarin hatte nicht den Akzent, der chinesischstämmige Amerikaner immer verriet; sie klang, als sei sie in Taiwan aufgewachsen.

Fünf Minuten später kam Danny wieder die Treppe herunter, dieses Mal angezogen und immer noch in sich hineinglucksend. »Hi, Uncle. Hi, Āyí. Hey, Celeste.«

Auf Celestes Wangen erblühten rosa Kirschblüten und ich verdrehte die Augen. Du und jedes andere Mädchen an der Schule, dachte ich. Meine Mutter machte dieses Sauggeräusch mit den Zähnen und sah mich an.

Während mein Vater alle ins Esszimmer scheuchte, verschwand ich nach oben und zog eine High-Waist Skinny Jeans und eine cremefarbene Strickjacke mit spitzenbesetzten Ärmeln an. Meine Mutter hatte sie mir schon vor einer ganzen Weile gekauft, aber ich hatte noch nicht mal die Preisschilder abgeschnitten. War eben kein Hoodie. Ich bürstete mein Haar, aber es stand mir trotzdem um den Kopf, weil es den ganzen Tag hochgebunden gewesen war. Also band ich es wieder zusammen und versuchte, einen ordentlichen Dutt zu drehen.

Als ich ins Esszimmer zurückkam und am Saum meiner Strickjacke herumzupfte, hustete Danny in seine Nudeln und musterte mich mit hochgezogener Augenbraue. Ich warf ihm einen Todesblick zu, und er unterdrückte ein Lächeln, indem er energisch in seine dampfende Schale Niú ròu miàn blies.

Meine Mutter stellte eine Schale vor mich und sagte: »«

Das Essen war noch zu heiß, andererseits zu verlockend, um zu warten. Das Fleisch war so zart, dass es auf der Zunge zerging. Zwischen Löffeln voll Suppe und verbrannten Zungen lobten alle meine Mutter für ihre Rindfleisch-Nudelsuppe. Sie gab sich Mühe, sich ihre Freude nicht zu sehr anmerken zu lassen und winkte ab. »Sie ist ganz in Ordnung. Ich habe vergessen, Suāncài zu machen, deshalb ist die Suppe heute nicht so gut.« Dann wechselte sie das Thema. »Wie läuft es in der Schule, Celeste?«

Celeste blickte auf, die Stäbchen erstarrten auf dem Weg, Nudeln in ihren Mund zu befördern. »Es läuft gut, Āyí.«

Auntie Wu mischte sich ein. »Wie ich gehört habe, hast du bei deinem Mathetest letzte Woche sehr gut abgeschnitten, May.«

»Nicht so gut wie Celeste«, erwiderte meine Mutter. »Ich habe gehört, dass sie die beste Note hatte!«

Celeste rutschte verlegen auf ihrem Platz hin und her. Keine Ahnung, woher meine Mutter ihre Infos bezieht, aber sie hat ihre Methoden. Und als Ingenieurin interessiert sie sich besonders für Mathe. Es ist bloß ein weiterer Anlass für sie, das trächtige Nilpferd heraufzubeschwören. Mathe ist mir ziemlich egal; ich möchte lieber schreiben.

Meine Mom richtete ihr Lob an Uncle und Auntie Wu.

»«

»Sie bleibt immer lange auf, um zu lernen, manchmal machen wir uns Sorgen ihretwegen«, sagte Auntie Wu kopfschüttelnd. »Ich sage zu ihr ›Geh schlafen, sonst machst du dir die Augen kaputt‹. Aber sie arbeitet einfach weiter.«

»Fleißig zu lernen ist gut.«

»Ich sage ihr immer, sie soll sich ein bisschen entspannen. Ein A-minus hat noch niemanden umgebracht!« Uncle Wu lachte und sah zu meinem Vater. »Wenn ich je mit einem A-minus nach Hause gekommen wäre, hätte meine Mutter eine Party für mich geschmissen.«

»Das Bestechungsgeld für ein A-minus hättest du dir nicht leisten können. Schließlich hast du mehr Zeit im Büro der Direktorin verbracht als im Unterricht«, gab mein Vater zurück. Sie sahen sich an und lachten noch mehr, Erinnerungen füllten den Raum zwischen ihren Augen.

Uncle Wu und Dad sind zusammen in der Chinatown von San Francisco aufgewachsen. Wenn Uncle Wu zu Besuch kam, sprangen sie zwischen Kantonesisch und Englisch hin und her. Ich liebte es, zu sehen, wie mein Vater wieder zum Teenager wurde: die Angeberei, das Gelächter, der Slang, alles kam zurück, wenn Uncle Wu da war.

»Was Joe jetzt wohl von uns denken würde, so geschniegelt? Mit Kindern?«, fragte Uncle Wu und schlürfte seine Nudeln. »Er würde es nicht glauben.«

»Es würde ihm gefallen.« Das Lächeln meines Vaters verschwand, er blickte ins Wohnzimmer, wo ein verblasstes Foto von Uncle Joe im Bücherregal stand. »Schließlich ist das alles seinetwegen.«

»Ai-yah, ihr habt so viel Ärger gemacht«, sagte meine Mutter und lenkte das Gespräch mit ihrer gespielten Empörung wieder Richtung gute Laune. »Ich bin froh, dass ich dich erst nach deiner Chinatown-Zeit kennengelernt habe.«

Sie fing an, mehr Nudeln und Suppe in unsere Schüsseln zu schöpfen. Ich schüttelte leicht den Kopf und krächzte: »Ich möchte nichts mehr, Ma. Ich bin satt.«

»Satt? Du hast kaum was gegessen, Maybelline.« Mein Name war die Idee meiner Mutter. Kurz nachdem sie ihren Abschluss an der besten Universität Taiwans gemacht hatte, sah sie einen Werbespot für Maybelline Make-up-Produkte, in dem »Maybe it’s Maybelline« gesungen wurde. Sie fand, es klang schön und kultiviert, so, wie sie sich ihre zukünftige Tochter erhoffte.

Sie ist die Einzige, die meinen vollständigen Namen benutzt.

Meine Mutter versuchte, fröhlich vor unseren Gästen zu klingen, aber fröhlich kommt bei meiner Mutter ungefähr so natürlich rüber wie Solariumbräune bei jemandem aus Minnesota im Winter. Während sie Suppe und Fleisch in meine Schale schöpfte, sagte sie: »Ich dachte, Niú ròu miàn ist dein Lieblingsessen.« In ihren Augen blinkte eine stumme Warnung: Blamier mich nicht.

Ich war wirklich satt, aber ich gab meinen Protest auf. Den Mund zu halten war einfach sicherer. Jedes Mal, wenn ich mich in meine Schweigehöhle zurückziehe, mache ich sie ein bisschen gemütlicher. Inzwischen habe ich mir ein Zimmer eingerichtet mit Pocky-Keks-Stäbchen, Büchern, ein paar Grünpflanzen und einem Bett. Hier fühle ich mich wohl.

Während alle die zweite Runde Rindfleisch-Nudelsuppe löffelten, blickte meine Mom auf, als sei ihr gerade etwas eingefallen. Ich hatte allerdings eher den Verdacht, dass sie schon den ganzen Tag auf diesen Moment gewartet hatte. »Danny, erzähl allen die Neuigkeiten!«, sagte sie.

Auntie Wu setzte sich auf. »! War heute nicht der Tag, an dem …«

Danny bekam große Augen, und ich erhaschte einen kurzen Blick auf etwas, das dahinter ertrank. Er schluckte. »Nicht jetzt, Ma.«

»Aber jetzt ist der perfekte Zeitpunkt! Wir sind doch quasi eine Familie.«

Danny starrte einen langen Moment in seine Nudelschüssel, dann änderte er seinen Gesichtsausdruck so schnell, dass keiner der anderen es mitbekam. »Ich habe die Zusage von Princeton bekommen.« Er lächelte und zeigte das hohe Grübchen auf seiner rechten Wange – das immer aussah, als habe es jemand am falschen Ort festgemacht.

Rings um den Tisch wurden Glückwünsche geäußert und jemand fragte: »Hast du schon von Stanford gehört?« Danny schüttelte den Kopf. Er lächelte weiter, doch sein Grübchen verschwand. Er wirkte verloren, als er unter den guten Wünschen und wohlmeinenden Fragen verschwand.

Ich musterte ihn und sah ihn fragend an. Irgendetwas stimmte nicht. Ich versuchte, ihm in die Augen zu schauen, aber er wich meinem Blick aus. Er wusste, dass ich versuchte, Tausende von Fragen an sein Hirn zu telegrafieren.

»Wir haben auch aufregende Neuigkeiten«, erklärte Auntie Wu und sah zu ihrer Tochter. Celeste warf ihrer Mutter einen Blick zu, der Halt den Mund, Mom, sagte, und schüttelte leicht den Kopf. Aber Auntie Wu redete...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2024
Übersetzer Claudia Max
Sprache deutsch
Original-Titel The silence that binds us
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte 2024 • ab 14 • Angie Thomas • Angst • Angststörung • Coming of Age • David Yoon • Depressionen überwinden • Diversity • Dustin Thao • eBooks • John Green • Jugendbuch • Klassismus • Neuerscheinung • New York Times Bestseller Autorin • own voices • poc • Psychische Gesundheit • Pubertät • Rassismus • Sabaa Tahir • Selbstmord • Suizid • The Hate U Give • the silence that binds us deutsch • Trauer • Young Adult
ISBN-10 3-641-29742-7 / 3641297427
ISBN-13 978-3-641-29742-8 / 9783641297428
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