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Hallo, du Schöne (eBook)

Roman | Barack-Obama-Leseliste 2023
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
520 Seiten
DuMont Buchverlag
978-3-7558-1001-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hallo, du Schöne -  Ann Napolitano
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Gemeinschaft und Zugehörigkeit kennt William Waters nur vom Basketballplatz. Das ändert sich, als er am College die temperamentvolle Julia Padavano kennenlernt und sich in sie verliebt. Er, der eine unglückliche Kindheit erlebt hat, erfährt, was es heißt, eine Familie zu haben. Denn Julia und ihre drei Schwestern sind unzertrennlich und ihre Eltern immer präsent. William wird Teil des so herrlichen wie anstrengenden Chaos aus Liebe und Fürsorge. Zusammen überstehen die Schwestern den Tod des Vaters und den Weggang der Mutter. In allen Krisen geben sie einander Halt und erfreuen sich gemeinsam an Julias Glück mit William. Doch seine tiefe Einsamkeit wirft nicht nur Julias genau durchdachte Pläne für ihre gemeinsame Zukunft über den Haufen, sondern treibt auch die vier Schwestern auseinander - bis ein Schicksalsschlag ihren alten Zusammenhalt erfordert. Selten ist so mitreißend, so intelligent und zärtlich über Familie und Liebe, Schmerz und Heilung geschrieben worden, wie es Ann Napolitano in >Hallo, du Schöne< gelungen ist. »Glanzvoll. Napolitano widersteht dem Sentimentalen und gibt sich nie mit einfachen Antworten auf die emotionalen Schwierigkeiten ihrer Figuren zufrieden.« THE NEW YORK TIMES BOOK REVIEW

ANN NAPOLITANO studierte an der New York University und unterrichtet heute an verschiedenen Universitäten Literatur. Sie war Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift One Story und wurde im November 2019 für den Simpson/Joyce-Carol-Oates-Literaturpreis nominiert. >Hallo, du Schöne<, Ann Napolitanos vierter Roman, steht seit Erscheinen auf der New-York-Times-Bestsellerliste und war sowohl eine Empfehlung des Oprah-Winfrey-Book-Clubs als auch auf Barack Obamas Buchempfehlungsliste Sommer 2023 vert

William

FEBRUAR 1960 – DEZEMBER 1978

Die ersten sechs Tage seines Lebens war William Waters kein Einzelkind. Er hatte eine drei Jahre alte Schwester, einen Rotschopf namens Caroline. Es gab Amateurfilme von Caroline, ohne Ton, auf denen Williams Vater aussah, als lachte er, was William nie erlebt hatte. Sein Ausdruck wirkte offen, und der Grund dafür war offenbar die kleine Caroline, die ihr Kleid vors Gesicht zog und kichernd im Kreis lief. Caroline bekam Fieber und einen Husten, während William und seine Mutter nach seiner Geburt noch im Krankenhaus waren. Als sie nach Hause kamen, schien das Mädchen auf dem Weg der Besserung, nur der Husten war noch schlimm, und als ihre Eltern sie eines Morgens aus ihrem Zimmer holen wollten, lag sie tot in ihrem Bettchen.

Williams Eltern sprachen nie über Caroline. Es gab ein einziges Foto von ihr auf einem Beistelltisch hinten im Wohnzimmer, zu dem William gelegentlich ging, um sich davon zu überzeugen, dass er tatsächlich eine Schwester gehabt hatte. Die Familie zog in ein dunkelblaues Schindelhaus auf der anderen Seite von Newton, einem Vorort von Boston, und in dem Haus war William ein Einzelkind. Sein Vater war Buchhalter und arbeitete täglich bis spät in der Innenstadt. Nach dem Tod seiner Tochter sah man bei ihm nie wieder ein offenes Gesicht. Williams Mutter saß im Wohnzimmer, rauchte Zigaretten und trank Bourbon, manchmal allein, manchmal mit einer Nachbarin. Sie besaß eine Sammlung gerüschter Schürzen, die sie beim Kochen trug, und regte sich auf, wann immer ein Fleck darauf kam und sie schmutzig wurden.

»Vielleicht solltest du beim Kochen keine Schürze tragen«, sagte William einmal, als seine Mutter rot anlief und den Tränen nahe war, weil ein dunkler Klecks Soße auf dem Stoff gelandet war. »Du könntest dir ein Geschirrtuch am Gürtel festklemmen, wie Mrs Kornet es tut.«

Seine Mutter sah ihn an, als hätte er griechisch gesprochen. William sagte: »Mrs Kornet von nebenan? Ihr Geschirrtuch?«

Mit fünf Jahren begann William nachmittags mit einem Basketball in den nahen Park zu gehen. Basketball konnte er im Unterschied zu Baseball oder Football auch allein spielen. Es gab dort ein vernachlässigtes Spielfeld, auf dem normalerweise ein Korb frei war, und er warf stundenlang auf ihn und stellte sich vor, ein Celtics-Spieler zu sein. Eigentlich war Bill Russell sein Lieblingsspieler, aber um Russell zu sein, brauchtest du jemanden, den du ausblocken oder gegen den du verteidigen konntest. Sam Jones war der beste Shooter, und so war William meist Jones. Er versuchte die perfekten Würfe des Guards nachzuahmen und tat so, als wären die Bäume ringsum jubelnde Fans.

Eines Nachmittags, er war zehn, kam er zum Platz, und beide Körbe waren besetzt. Jungen, sechs, sieben von ihnen, etwa in Williams Alter, jagten zwischen den Körben hintereinander und einem Ball her. William drehte bereits wieder um, als einer der Jungen rief: »Hey, willst du mitspielen?« Und dann, ohne auf eine Antwort zu warten: »Du bist im blauen Team.« Innerhalb von Sekunden war William mit im Spiel, und das Herz pochte ihm heftig in der Brust. Ein Junge passte ihm den Ball zu, und er passte ihn gleich zurück, weil er Angst hatte, zu werfen und den Korb zu verfehlen, und es dann heißen könnte, er sei schrecklich. Minuten später schon brach das Spiel ab, weil einer nach Hause musste, und die Jungen verschwanden in verschiedene Richtungen. William ging ebenfalls nach Hause und spürte immer noch, wie ihm das Herz in der Brust schlug. Von da an waren die Jungen immer wieder einmal auf dem Platz, wenn William mit seinem Ball kam. Eine Regelmäßigkeit gab es nicht, aber sie winkten ihn stets mit ins Spiel, als wäre er einer von ihnen. Was William nichts von seinem Schrecken nahm. Kinder wie Erwachsene sahen normalerweise durch ihn hindurch, als wäre er unsichtbar. Selbst seine Eltern hatten kaum einen Blick für ihn. William nahm das hin und dachte, es sei verständlich, schließlich war er langweilig und unscheinbar. Sein Hauptmerkmal war seine Blässe. Er hatte sandfarbenes Haar, hellblaue Augen und eine sehr weiße Haut wie viele Leute englischer und irischer Abstammung. Und sein Inneres, wusste William, war ebenso uninteressant und farblos wie sein Äußeres. In der Schule sagte er nie etwas, und niemand spielte mit ihm. Aber die Jungen auf dem Basketballplatz boten ihm die Möglichkeit, Teil von etwas zu sein, zum ersten Mal, ohne dass er reden musste.

In der fünften Klasse sagte sein Sportlehrer in der Schule zu ihm: »Ich sehe dich nachmittags da draußen immer auf den Korb werfen. Wie groß ist dein Vater?«

William starrte den Mann verständnislos an. »Ich weiß nicht. Normal?«

»Okay, das heißt, du wirst wahrscheinlich ein Aufbauspieler. Kennst du Bill Bradley? Den linkischen Typ von den Knicks? Als der klein war, hat er sich Pappe unten auf die Brille geklebt, damit er nicht auf den Boden gucken und seine Füße sehen konnte. Und dann ist er mit der Brille den Bürgersteig rauf- und runtergedribbelt. Sah sicher aus wie ein Irrer, aber sein Dribbling wurde unglaublich sicher. Er bekam ein perfektes Gespür dafür, wie der Ball vom Boden zurückkam und er ihn ohne einen Blick unter Kontrolle behielt.«

Nach dem Unterricht lief William nach Hause, sein ganzer Körper vibrierte. Zum ersten Mal hatte ihn ein Erwachsener direkt angesehen, ihn bemerkt und registriert, was er tat – und die Beachtung brachte ihn in Bedrängnis. William erlitt einen Niesanfall, als er in seiner Schreibtischschublade nach seiner alten Spielzeugbrille suchte. Er lief zweimal ins Bad, bevor er sorgsam zwei rechteckige Stücke Pappe unten auf die Gläser klebte.

Wann immer sich William krank oder komisch fühlte, hatte er Angst zu sterben. Wenigstens einmal im Monat kroch er nach der Schule unter sein Bettzeug und war sicher, tödlich erkrankt zu sein. Seinen Eltern sagte er nichts, weil Krankheit bei ihm zu Hause nicht erlaubt war. Vor allem Husten wurde als fürchterlicher Verrat angesehen. War William erkältet, erlaubte er sich nur, in seinem Schrank zu husten, mit geschlossener Tür, den Kopf tief in seinen dort hängenden Button-down-Hemden vergraben, die er in der Schule tragen musste. Er war sich dieser vertrauten Sorge bewusst und spürte sie im Nacken und zwischen den Schultern, als er mit Ball und Brille nach draußen lief. Aber William hatte jetzt keine Zeit, krank zu sein, keine Zeit, sich zu sorgen. Es kam ihm so vor, als würde sich endlich etwas für ihn fügen. Die Jungen auf dem Platz hatten ihn gesehen und der Sportlehrer auch. Womöglich hatte er, William, nicht gewusst, wer er war, und die Welt sagte es ihm: Er war ein Basketballspieler.

Der Sportlehrer gab ihm zusätzlich Tipps, die ihm halfen, weitere Fähigkeiten zu entwickeln. »In der Verteidigung: Schieb den Gegner mit den Schultern und dem Hintern weg. Kein Schiri pfeift das als Foul. Sprinte los: Mach einen ersten schnellen Schritt und häng deinen Gegner beim Dribbeln ab.« William arbeitete an seinen Pässen, damit er den Ball den besten Spielern im Park zukommen lassen konnte. Er wollte seine Stellung auf dem Platz behaupten und wusste, dass er seinen Wert erhöhte, indem er die anderen besser machte. Er lernte, wohin er sich zu bewegen hatte, um den Shootern Platz zu verschaffen, in den sie hineinschneiden konnten. Er blockte sie frei, damit sie zu ihren Lieblingswürfen kamen. Nach einem erfolgreichen Spielzug klopften sie ihm auf die Schulter und wollten ihn immer auf ihrer Seite. Ihre Anerkennung nahm etwas von der Angst, die William in sich trug. Auf dem Basketballfeld wusste er, was er zu tun hatte.

Als William in die Highschool kam, war er gut genug, um in der Schulauswahl mitzuspielen. Er war einen Meter dreiundsiebzig groß und spielte im Aufbau. Sein stundenlanges Training mit der Brille machte sich bezahlt. Er war bei Weitem der beste Dribbler im Team und ein sicherer Werfer aus der mittleren Distanz. Zudem hatte er an seinen Rebounds gearbeitet, was die Ballverluste seiner Mannschaft auszugleichen half. Die Pässe waren jedoch immer noch Williams großes Können, und seine Kameraden wussten es zu schätzen, dass sie mit ihm auf dem Feld besser zum Zug kamen. Er war der einzige Neuntklässler in der Auswahl, und so wurde er nie eingeladen, wenn sich seine älteren Mitspieler im Keller von einem von ihnen, dessen Eltern bereit waren wegzusehen, trafen und Bier tranken. Im Sommer nach seinem ersten Highschool-Jahr wuchs er zwölf Zentimeter, was seine Mannschaftskameraden schockte, was alle schockte. Als er erst einmal mit dem Wachsen angefangen hatte, schien sein Körper nicht mehr aufhören zu können, und so maß er am Ende der Highschool zwei Meter eins. Er konnte nicht genug essen, um mit seinem Wachstum Schritt zu halten, und wurde erschreckend dünn. Seine Mutter sah ihn verängstigt an, wenn er morgens in die Küche geschlingert kam, und hielt Snacks für ihn bereit, wann immer er in Reichweite war. Sie schien zu denken, dass seine Magerkeit ein schlechtes Licht auf sie werfe, war es doch ihre Aufgabe, ihn mit Nahrung zu versorgen. Manchmal kamen seine Eltern zu seinen Basketballspielen, aber nur hin und wieder, und wenn, saßen sie manierlich auf der Tribüne und schienen niemanden auf dem Feld zu kennen.

Als William in einem Spiel einen Rebound bekommen wollte und in der Luft weggestoßen wurde, waren sie nicht da. Sein Körper drehte sich im Fallen, und er landete unglücklich auf dem rechten Knie. Das Gelenk fing den gesamten Schwung und sein Gewicht auf. William hörte ein seltsames Geräusch, dann senkte sich Nebel über ihn. Sein Coach, der nur zwei Stimmlagen zu kennen schien – Schreien und Nuscheln –, schrie ihm ins Ohr: »Bist du okay, Waters?« William antwortete für...

Erscheint lt. Verlag 26.2.2024
Übersetzer Werner Löcher-Lawrence
Sprache deutsch
Original-Titel Hello Beautiful
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft
Schlagworte Amerika Roman • Barack Obama Sommerleseliste 2023 • Barak Obama Reading List 2023 • Barak Obama Sommerliste 2023 • Basketball • Bibliothek • Booktok • Depression • Familie • Freundschaft • Karriere • Kind • Krankheit • Liebe • Little Women • Schuld • Schwester • TikTok • tiktok made me buy it • Tod • Verbundenheit • Walt Whitman
ISBN-10 3-7558-1001-8 / 3755810018
ISBN-13 978-3-7558-1001-8 / 9783755810018
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