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Die Lügen, die wir uns selbst erzählen -  Jon Frederickson

Die Lügen, die wir uns selbst erzählen (eBook)

Fachbuch-Bestseller
Wie man sich der Wahrheit stellt, sich selbst akzeptiert und ein besseres Leben führt
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
152 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-040380-2 (ISBN)
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Wir sind immer wieder getrieben, wider besseres Wissen zu handeln & ein Spannungszustand, der oft zum Selbstbetrug führt. Jon Frederickson zeigt in seinem Buch auf, was wir uns vormachen und wie wir uns davon befreien können. Auch wenn wir Unwahrheiten benutzen, um Schmerzen zu vermeiden, kann das Festhalten an unseren Fantasien tatsächlich zur Quelle noch größeren Leidens werden. Anhand von zahlreichen Geschichten und Beispielen stellt der Autor dar, dass die scheinbare Ursache unserer Probleme fast nie der Motor unserer Schwierigkeiten ist. Er arbeitet heraus, was wir wirklich fürchten und wie wir dem begegnen können; welche Lügen wir uns selbst erzählen und wie wir uns den Wahrheiten stellen können, um die wir bisher einen Bogen gemacht haben. Dabei wird deutlich, dass eine Therapie nicht nur ein Gespräch ist, sondern eine Beziehung zwischen zwei Menschen. Es geht darum, wie die Auseinandersetzung mit dem, was wir vermeiden, zu echter Veränderung führen kann. So befasst sich das Buch mit den Grundfragen des Lebens: Wer sind wir? Warum leiden wir? Was suchen wir?

Jon Frederickson, Master of Social Work, ist seit über dreißig Jahren Fakultätsmitglied der Washington School of Psychiatry in Washington, DC. Er lehrt Intensive Psychodynamische Kurzzeittherapie (ISTDP) in Nordamerika, Europa, Asien und Australien. Er ist Autor mehrerer Bücher und hält regelmäßig Vorträge und Seminare zu verschiedenen Themen. Der Übersetzer Dr. Eik Niederlohmann ist als integrativ arbeitender Psychiater und Psychotherapeut an einer psychiatrischen Akutklinik in Leipzig sowie im Rahmen einer psychotherapeutischen Selbstzahler-Praxis tätig. Er ist Dozent, Supervisor und Selbsterfahrungsleiter in der psychotherapeutischen Ausbildung, Gastdozent an der Universität Leipzig und Gründungsmitglied der Integrativen Gesellschaft für ISTDP.

Jon Frederickson, Master of Social Work, ist seit über dreißig Jahren Fakultätsmitglied der Washington School of Psychiatry in Washington, DC. Er lehrt Intensive Psychodynamische Kurzzeittherapie (ISTDP) in Nordamerika, Europa, Asien und Australien. Er ist Autor mehrerer Bücher und hält regelmäßig Vorträge und Seminare zu verschiedenen Themen. Der Übersetzer Dr. Eik Niederlohmann ist als integrativ arbeitender Psychiater und Psychotherapeut an einer psychiatrischen Akutklinik in Leipzig sowie im Rahmen einer psychotherapeutischen Selbstzahler-Praxis tätig. Er ist Dozent, Supervisor und Selbsterfahrungsleiter in der psychotherapeutischen Ausbildung, Gastdozent an der Universität Leipzig und Gründungsmitglied der Integrativen Gesellschaft für ISTDP.

2 Wie wir vor uns selbst davonlaufen


Warum lügen wir uns selbst an? Um die Gefühle zu vermeiden, die entstehen, wenn wir mit der Realität konfrontiert werden und sie akzeptieren.

Oft laufen wir vor uns selbst davon, indem wir auf das Wahrwerden unserer Fantasien warten, anstatt uns der Wirklichkeit zu stellen. Darauf zu warten, dass die wahren Gegebenheiten unwahr werden, das ist die Art und Weise, wie wir uns selbst anlügen: über die von uns geliebten Menschen, uns selbst und unser Leben. Wir leiden, weil wir die Realität bekämpfen – ein Kampf, den wir immer verlieren.

Wir sind blind für unsere eigenen Lügen. Deswegen brauchen wir Therapierende, um unsere Lügen und den Preis dafür zu erkennen. Erst dann können wir anfangen, den Wahrheiten ins Auge zu sehen, von denen wir uns zuvor abgewendet haben.

Indem wir von unseren Fantasien ablassen, können wir uns der Realität stellen. Akzeptieren wir unsere tatsächlichen Gefühle und die Wirklichkeit, können wir nicht nur zu uns selbst finden, sondern auch die Welt um uns herum so entdecken, wie sie tatsächlich ist. Wir können unsere ersten Schritte in ihr machen und die Wahrheiten entdecken, die sie uns zu bieten hat.

Leiden


Die Qualen des gefolterten Mannes sowie die seiner vergewaltigten und ermordeten Ehefrau sind grauenvoll. Nicht jedes Leben schreibt so abschreckende Geschichten, was aber noch lange nicht heißt, dass andere Geschichten weniger bewegend oder schmerzlich sind. Sie alle zeigen auf, wie uns eine Therapie von den Illusionen, die uns im Leben umherirren lassen, befreien und uns stattdessen die Realität als zuverlässige Richtschnur an die Hand geben kann.

Erkrankungen offenbaren, wie zerbrechlich unsere Gesundheit ist. Wenn der Tod uns das Leben »stiehlt«, zeigt sich, was wir besitzen: nichts. Unser Körper, unser Geist, unser Leben und unsere Lieben scheinen untrennbar zu uns zu gehören, bis unser letzter Atemzug unsere vermeintliche Eigentümerschaft als Illusion entlarvt. Die Verluste zu unseren Lebzeiten lassen unsere Fantasien schwinden und führen uns immer wieder vor Augen, dass uns alles gegeben wurde und wir doch nichts besitzen.

Verluste sind weder gut noch schlecht. Das Leben ist so, wie es ist, unabhängig von unserer Meinung darüber. Wir sind überzeugt davon, dass sich das Leben unseren Bedingungen anpassen sollte, aber es kommt mit seinen eigenen Bedingungen daher. Überrascht von der Entdeckung, dass das Leben nicht unserem Wunschdenken entspricht, verurteilen wir den Tod dafür, dass er unsere Illusion von einem Leben ohne Verluste stört. Aber egal wie sehr wir die Realität bekämpfen, sie wird immer gewinnen.6

Ungeachtet dessen schaffen es Krankheits- und Todesfälle nicht immer, unser Wunschdenken zu durchbrechen. Aus der Perspektive der Verleugnung heraus ist der Tod ungerecht und trifft die Menschen ungleich. Und anstatt uns der Wahrheit zu stellen, können wir uns für das entscheiden, was nicht da ist, und darauf warten, dass unsere Fantasien Gestalt annehmen und die Realität verschwinden lassen. Wenn wir unsere Illusionen aufrechterhalten, vergeht das Leben, das wir haben, während wir auf eine unrealistische Vorstellung davon warten, die jedoch nie eintritt. D. h., die Verluste unseres Lebens setzen sich aus den Verlusten zusammen, die wir uns selbst zufügen.

Der Tod ist Teil der Realität. Möglicherweise erleben wir den Tod eines Menschen, das Ende einer Ehe, einer Beziehung, einer Karriere oder eines Traums. All unsere Wünsche gebären den Tod, denn jeder Wunsch nach etwas nicht Vorhandenem ist bestimmt dazu zu sterben, sobald er auf die tatsächliche Welt trifft. Wenn die Sehnsucht nach Ewigkeit auf Vergänglichkeit trifft und wenn der Wunsch nach Unendlichkeit an seine Grenze stößt.

Eine Frau sehnte sich nach der Liebe ihres Bruders, obwohl er sie zurückgewiesen, angeschrien und sie um ihr Erbe betrogen hatte. Da sie seine Zuwendung nicht bekommen konnte, suchte sie diese bei seiner Tochter, die sie besuchte und um die sie sich kümmerte. Unerwartet untersagte er ihr eines Tages weitere Besuche. Damit brach endgültig der Damm aus Hoffnung auf eine liebevolle Verbindung, die Tränen konnten fließen und ihre Verleugnung der Realität hinwegspülen.

Ging es ihr besser, nachdem sie das Ende ihrer Fantasie betrauert hatte? (Sie hatte weiterhin Kontakt zu ihrem Bruder, wenn auch nicht mit der gewünschten Nähe.) Sie berichtete: »Ich habe noch nie so wie in unserer letzten Stunde geweint. Es war schmerzlich, aber tröstend, und hinterher war ich erleichtert.«

Ich fragte: »Wie erklären Sie sich das?«

»Nach dem Weinen wurde mir klar, dass ich die Wahrheit aushalten kann. Ich habe nie an mich rangelassen, wie viele Tränen ich zurückgehalten hatte, bis sie dann geflossen sind. Ich habe es geahnt, aber immer wieder weggeschoben. Jetzt muss ich nicht mehr dagegen ankämpfen und fühle mich so erleichtert.«

Wir alle fühlen uns zu Vorstellungen hingezogen, wie wir geliebt, respektiert oder begehrt werden sollten. Unser Leiden wird nicht von diesen Fantasien verursacht, sondern von unserer Bindung an sie. Diese Frau hing an ihrem Wunsch nach einem liebenden Bruder, der aber so nicht existierte. Von Angesicht zu Angesicht mit einem sterbenden Wunsch können wir wie diese Frau entweder trauern, oder wir können fälschlicherweise behaupten, dass das Leben wertlos ist, wenn es doch tatsächlich unser Selbstbild ist. Die Frau erkannte, dass die Liebe zu ihrer Nichte bedeutungsvoll war. Ihr Narrativ hingegen, eine geliebte Schwester zu sein, war es nicht. Sie musste um die erlittenen Verluste trauern und auch um die Verluste, die sie sich durch das Festhalten an einem nicht existenten Bruder selbst zugefügt hatte.

Nur zu oft enttäuscht uns die Realität, wohingegen unser Wunschdenken paradiesische Freuden für uns bereithält. Wenn wir eine Therapeutin aufsuchen, verabschieden wir uns von diesen verführerischen Versprechen. Halten wir an diesen fest, vermeiden schmerzliche Gefühle und die Wahrheiten unseres Lebens, stellen sich Symptome ein. In der Therapie können wir uns den unterdrückten Gefühlen stellen und aufhören, in einer Welt zu leben, die es schon längst nicht mehr gibt.

In der Therapie können wir uns mit den Gegebenheiten unseres Alltags und den von ihnen ausgelösten Gefühlen auseinandersetzen. Wir haben die Hoffnung, dass unser Leid gelindert wird, und das kann es auch. Aber im Angesicht des Verlusts unserer Illusionen können wir versucht sein, heimlich in den Widerstand zu gehen, indem wir resignieren.

Ich: »Ich höre auf zu kämpfen, aber ich hasse dich immer noch.«

Realität: »Lass dir Zeit, nur keine Eile. Du kannst mich so lange verachten, wie du willst. Manche Menschen verbringen ihr ganzes Leben damit.«

Ich: »Du bist ungerecht.«

Realität: »Gerechtigkeit ist der Name deiner Fantasie. Und du bist überrascht, wenn ich stattdessen auftauche. Du glaubst vielleicht, dass dein Hass mich verändert und deinen Träumen wieder Leben einhaucht. Aber es ist zu spät. Deine Träume liegen schon in Scherben verstreut am Boden. Wenn du so weit bist, können wir Abschied von dem Selbstbild nehmen, das tot im Sarg liegt.«

Wie schmerzlich doch der Abschied von einem gehegten und gepflegten Selbstbild von sich selbst als geliebt, erfolgreich, bewundert und recht habend ist. In diese Selbstbilder hüllen wir uns und verstecken unser wahres Antlitz. Das Leben reißt sie uns herunter und wir weinen. Doch wir haben noch eine weitere Strategie parat, um uns an unsere Selbstbilder zu klammern; wir können Trauer als Problem ansehen, das wir durcharbeiten und überwinden müssen.

Trauern


Trauer ist allerdings kein Hindernis, eher ein Weg. Trauern wir, geben wir uns der Wahrheit hin, die alles Falsche wegspült und nur die Realität übriglässt. Wir können nicht einfach über unsere Trauer hinwegkommen, aber sie Schritt für Schritt durchqueren und dabei annehmen, was ist. In dieser Gemeinschaft müssen wir unsere Illusionen nicht mehr aufgeben, denn unsere Tränen spülen die Bindung an Fantasien hinfort, die das Leben abwehren.

Hier ein Beispiel für die heilenden Kräfte des Trauerns: Ein Mann mit selbstzerstörerischen Verhaltensweisen, der bisher noch jede Brücke hinter sich abgerissen hatte, kam verzweifelt in die Therapie. Er blickte zurück auf ein Leben voller Selbstsabotage, in dem er jede wichtige Beziehung zerstört hatte. Er sagte: »Ich muss diese Scham und Schuld loswerden.«

»Was wäre, wenn diese der Weg zur Heilung sind? Scham ist ein Signal tief aus Ihrem Inneren, dass Sie nicht die Person sind, die Sie gerne wären.

»Das stimmt«, sagte er mit feuchten Augen.

»Die Reue gegenüber den Menschen, die Sie verletzt haben, zeugt von Ihrer Liebe. Die liebevollen Gefühle, die verschüttet in Ihnen liegen und befreit werden wollen.«

»Ich glaube, ich habe nie versucht, das Beste in mir zum Vorschein zu bringen.«

»Sie müssen Ihre Scham und Schuld nicht loswerden. Sie müssen sie durchleben. Sie sind Signale, wer Sie wirklich sind, der Mann...

Erscheint lt. Verlag 19.7.2023
Übersetzer Eik Niederlohmann
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Lebensführung • Psychotherapie • Realität
ISBN-10 3-17-040380-X / 317040380X
ISBN-13 978-3-17-040380-2 / 9783170403802
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