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150 Jahre Baugenossenschaft München eG

Bauen, Verwalten, Entwickeln 1871–2021
Buch | Hardcover
268 Seiten
2021 | 1. Neuerscheinung
Schiermeier, Franz (Verlag)
978-3-948974-11-4 (ISBN)
CHF 49,90 inkl. MwSt
Am 28. Oktober 1871 wurde die älteste bestehende Baugenossenschaft Deutschlands in München gegründet. Damals wie heute war in München bezahlbarer Wohnraum knapp, der Wohnungsmarkt überhitzt, überteuert und ein Politikum. Ein Rückblick, eine Bestandsaufnahme und eine Vorschau lassen 150 Jahre genossenschaftliches Bauen, Verwalten und Entwickeln einer vorbildlichen Münchner Baugenossenschaft mit 82 Häusern, 1.000 Mieteinheiten, 1.400 Mitgliedern und einer Bilanzsumme von 24 Mio. Euro Revue passieren.Selbsthilfe, Selbstverwaltung, Selbstverantwortung - was sagt uns das heute? Solidarität, Gleichheit und gelebte Demokratie - für wen? Genosse, Genossenschaft, Baugenossenschaft - wer ist das, was ist das?Die Grundlage der Chronik sind handschriftliches Archivmaterial seit 1871, Publikationen von Protagonisten wie Hermann Schulze-Delitzsch, Reinhold Hirschberg, Oskar Feierabend und Franz Xaver Pröbst; digital verfügbare Pressespiegel der Zeit ab 1871, historische Baupläne und Bildquellen sowie aktuelle Bestandsaufnahmen, Statuten und Gutachten der Baugenossenschaft München von 1871 eG. Eingerahmt wird die Chronik durch eine Beschreibung der deutschen Genossenschaftsbewegung um 1871; als Text, Ton oder Bild eingesammelte und ins Buchformat gebrachte Erinnerungen einiger Mitglieder aus den Zeitläuften sowie eine Übersicht zur aktuellen Szene der Baugenossenschaften in München 2021.Das Buch ist den Mitgliedern der Baugenossenschaft München von 1871 eG gewidmet, zur Herkunfts- und Standortbestimmung. Infolge der intensiven und vollständig dokumentierten Recherchearbeit ist das Buch eine Sachquelle für geschichtsinteressierte Münchner, Sozialhistoriker, Genossenschaftler aller Art und ein Lehrstück für nachhaltige, bürgerschaftliche Demokratie.

Münchner Baugenossenschaften 2021 In München gab es 2020 rund 50 Baugenossenschaften mit über 40.000 Wohnungen. Viele sind Mitglied der Vereinigung Münchener Wohnungsunternehmen VMW und des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen VdW (Baugenossenschaften und Baugesellschaften) e.V. und der Genossenschaftlichen Immobilienagentur München eG GIMA. Die größten Baugenossenschaften nach der Zahl der Wohneinheiten sind die Wohnungsgenossenschaft München-West (von 1911), die Baugenossenschaft des Post- und Telegrafenpersonals in München und Oberbayern (von 1908), der Bauverein München-Haidhausen (von 1919), der Verein für Volkswohnungen (von 1909), die Münchener Kleinwohnungs-Baugenossenschaft (von 1912), die Baugenossenschaft des Verkehrspersonals 1898 und im Mittelfeld die Baugenossenschaft München von 1871. Baugenossenschaften sind der dritte Weg der Wohnnutzung zwischen Eigentum und Miete. Viele ältere Baugenossenschaften erlebten in den 1950er Jahren ihre Hochphase. Sie waren öffentlich geförderte Helfer gegen die Wohnungsnot nach den Weltkriegen. Heute erscheinen sie gerade in teuren Städten wie München vielen Wohnungssuchenden als gesuchte Garanten für dauerhaft günstige Mieten. Bestandserwerb, Bestandsverwaltung und Bestandsentwicklung der Baugenossenschaften geschieht in Folge der kapitalisierten Marktbedingungen in München zwischen Bauboom und Immobilienspekulation. Da darf und kann kaum eine Baugenossenschaft mithalten. Kann die 1988 abgeschaffte Wohnungsgemeinnützigkeit wieder eingeführt und könnten damit gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften unterstützt werden? Könnte die sogenannte Hauszinssteuer von 1925 zur Subventionierung des öffentlichen Wohnungsbaus reaktiviert werden? Werden Baugenossenschaften bezahlbare Grundstücke und faire öffentliche Förderungen angeboten, wenn denn Planungsträger dem Grundstücksmarkt trotzen könnten? Die handelnde Politik hat sich in den vergangenen Jahrzehnten konsequent vom Gemeinwohlgedanken verabschiedet und den Wohnungsmarkt freien, kapitalisierten Kräften überlassen. Dennoch fanden manche Baugenossenschaften sogar nach dem Wegfall des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes 1990 zu früherer Identität zurück und setzen erneut Schwerpunkte für gemeinschaftliches Wohnen, neben der reinen Bau- und Verwaltungsaufgabe: Wohnen ohne Auto, Mehrgenerationenprojekte, besondere Formen der Nachbarschaftshilfe oder Gemeinschaftsräume. Mit dem Beitritt, der Zeichnung von Genossenschaftsanteilen und Wohnungsbezug wird das Mitglied Mieter im gemeinschaftlich eigenen Haus. Das Genossenschaftsrecht räumt dem Mitglied und Wohnungsnutzer eine starke Position ein, mit vertraglich gesichertem Dauernutzungsrecht und dem genossenschaftlichen Treueprinzip. In rechtlichen Angelegenheiten bestimmt jedoch das Mietrecht die meisten Auseinandersetzungen. Das Genossenschaftsrecht formuliert im Kern nur einen Förderauftrag. Den Mitgliedern ist dauerhaft guter Wohnraum zu wirtschaftlich angemessenen Nutzungsgebühren anzubieten. Baugenossenschaften sind aus Prinzip nicht daran interessiert, mit dem Gut Wohnung zu spekulieren oder höchstmögliche Gewinne zu erwirtschaften. Die Münchner Baugenossenschaften lassen sich grob in drei Gruppen aufteilen: Junge Aktive wie Wogeno (eG von 1993), Frauen-Wohnen (1998) oder Wagnis (2000) sorgen für Schlagzeilen. Neu und agil treten sie auf dem Wohnungsmarkt auf, bauen regelmäßig neue Häuser und bringen gute Ideen zum nachbarschaftlichen Miteinander der Mitglieder ein, 
als Gegenentwurf zur großstädtischen Anonymität. Die Wagnis hat das Neubauquartier Ackermannbogen zu dem gemacht, was es heute ist: überaus beliebt bei Jung und Alt. Die Wogeno realisierte von 1993 bis 2017 21 Projekte mit über 550 Wohnungen. Sie wird getragen von mittlerweile 6.000 Mitgliedern. Die Mietpreise liegen deutlich unter dem Marktniveau. Als Geschäftseinlage, z.B. für eine Familienwohnung mit 100 qm, sind jedoch mindestens 50.000 Euro unverzinst anzulegen. Ähnlich verhält es sich bei der 2015 gegründeten Baugenossenschaft Kooperative Großstadt. Für eine 100-Quadratmeter-Wohnung im Neubaugebiet Freiham werden zusätzlich zur Miete 85.000 Euro für Genossenschaftsanteile fällig. Bei der Baugenossenschaft Wagnis müssen für eine 80 qm große Wohnung Pflichtanteile für bis zu 70.000 Euro gekauft werden. Zwischen 2014 und 2019 gab es in München 14 Neugründungen, darunter: Progeno, Bürgerbauverein München, Bellevue di Monaco, Stadtwerkschaft, WoProm, Zinwo, Am Johannis, Raum Neuried, Bauen und Gemeinschaft, Das große kleine Haus, Unsere Stadt eG sowie GeQo eG. In dem Zeitraum wurden von Baugenossenschaften 700 Wohnungen fertiggestellt, mehr als 500 Wohnungen befanden sich 2018 in Errichtung. Das entspricht dem Wohnraum einer Kleinstadt ohne Spekulanten. Die Stadt München ist bemüht, 20-40 % ihrer Bauflächen in großen Siedlungsgebieten wie in Freiham, Freimann (Bayernkaserne) oder an der Zschokkestraße an Baugenossenschaften zur Bebauung zu vergeben. Dabei läuft sie regelmäßig den steigenden Grundstückspreisen hinterher und kann sie nicht immer für genossenschaftliches Wohnen bezahlbar anbieten. Für den Aufbau des neuen Stadtteils Freiham gab es 2018 zunächst keine genossenschaftlichen Interessenten. Erst nach der Senkung der städtischen Grundstückspreise um etwa die Hälfte, zum Schaden der Stadtkasse, griffen vier Wohnungsgenossenschaften zu. Dort sind neben den Grundstückskosten nun Baukosten von etwa 4.500 Euro je Quadratmeter Wohnraum zu stemmen. Bei den Grundstücks- und Baupreisen auf dem freien Markt rechnete man 2018 für den Bau einer 100 qm großen Wohnung mit Gesamtkosten von 800.000 Euro. Dabei lagen Anfang des Jahrzehnts vergleichbare Gesamtkosten schon bei etwa 500.000 Euro. Kostenmindernd für Baugenossenschaften ist die Inanspruchnahme von städtischen Fördermodellen gegen Auflagen. Begünstigte Baugenossenschaften dürfen ihre Wohnungen dann nur an Mieter mit niedrigerem Einkommen, zu niedrigeren Mieten oder nur an von der Stadt zugewiesene Mieter abgeben. Hierbei kann eine Kostenabwägung und Ertragsprognose zum Ergebnis kommen, dass es selbst Genossenschaften, ohne Belastung der Zahlungs-fähigkeit aller Mitglieder, nicht schaffen, durch Neubau günstiges Wohnen zu ermöglichen. Der Anteil privater/gewerblicher Bauflächen im allgemeinen Baugeschehen ist ohnehin ungleich größer. Hier gibt es kaum Angebote für Bau-genossenschaften. Seit 2006 ist die Genossenschaftliche Immobilienagentur München eG GIMA tätig, ein Zusammenschluss von 33 (Stand August 2020) Genossenschaften oder Unternehmen mit Wurzeln in der Gemeinnützigkeit, zum Erwerb von Immobilien durch Wohnungsgenossenschaften in München. Sie versucht als Dienstleistungsgenossenschaft, bezahlbaren Mietwohnraum in München anzuwerben und zu erhalten. Zur Beratung und Koordinierung Bauwilliger nach gemeinschaftlichen Prinzipien im Rahmen des so propagierten Konzeptionellen Mietwohnungsbaus (KMB) hat die Stadt München daneben 2014 die Beratungsstelle Mitbauzentrale München eingerichtet. Die alten Aktiven unter den Baugenossenschaften, darunter die Baugenossenschaft München West, Bauverein München Haidhausen, Baugenossenschaft des Post- und Telegrafenpersonals und die Eisenbahner-Baugenossenschaft München Hauptbahnhof, bauen nach wie vor, so es die Grundstückspreise, Baukosten, der Altbaumarkt und öffentliche Förderungen zulassen. Das Gros der Baugenossenschaften in München machen die alten Passiven aus. Sie konzentrieren sich auf das Erhalten und Verwalten ihres Bestands. Wer lange nicht mehr gebaut hat, kann für seinen Altbaubestand – abhängig vom laufenden Renovierungs- und Modernisierungsstandard – günstige oder moderate Mieten anbieten. Es müssten die Altmieten steigen, um einen Neubau und Neumieten zu subventionieren. Für Neubauten müssten bedeutend höhere Mieten verlangt werden. Nach dem Solidaritätsprinzip tragen im Fall von Neubauten im Portfolio Alt- und Neumieter die höheren allgemeinen Kosten gemeinsam. 
Vor solchen Entscheidungen in einer Baugenossenschaft ist zu klären, welche Anspruchsmehrheit die Ausrichtung der Baugenossenschaft bestimmt. Dem Altersaufbau der Stadtgesellschaft in München folgend, überwiegen in den passiven alten Baugenossenschaften über 60-jährige Mitglieder, Aufsichtsräte und Vorstände. Die Genossenschaftsprinzipien Selbsthilfe und Selbstverwaltung werden größtenteils gelebt. Die Eigenkapitalquote ist, abhängig vom Instandhaltungsstandard, gut. Wer den strukturell gehaltenen Vorteil günstiger Mieten aufgibt, kann – nach eingehender Beratung und verantwortungsbewusster Überlegung – aus der Gruppe der alten Passiven in die Unternehmensgruppe der alten Aktiven wechseln. Für die Baugenossenschaft München von 1871 eG nennt die Satzung das oberste Unternehmensziel: Zweck der Genossenschaft ist eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung der Mitglieder. Mitglieder, Aufsichtsrat und Vorstand definieren in der Tradition des Genossenschaftsgedankens als Wertegemeinschaft und Wirtschaftsbetrieb, was eine gute, was eine sichere und was eine sozial verantwortbare Wohnungsversorgung für die Mietergemeinschaft ist. 
 Bauen – Verwalten – Entwickeln, 1871–2021 und ad multos annos. Gerhard Ongyerth, München im Dezember 2021

Erscheinungsdatum
Zusatzinfo Chronik und Dokumentation der Bestandsbauten der Genossenschaft mit zahlreichen Karten, Plänen, Originaldokumenten, Fotos
Sprache deutsch
Maße 215 x 300 mm
Gewicht 1330 g
Themenwelt Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Technik Architektur
Schlagworte Arbeiterkultur • Baugenossenschaft • Genossenschaft • München • Wohnungsbau
ISBN-10 3-948974-11-X / 394897411X
ISBN-13 978-3-948974-11-4 / 9783948974114
Zustand Neuware
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