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Die Geschichte von "Dir" (eBook)

eBook Download: EPUB
2022 | 3. Auflage
340 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7557-7134-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Geschichte von "Dir" -  Jez Alborough
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"Leben jenseits der Persönlichkeit" ist der Titel einer Reihe spiritueller Bücher für Erwachsene des erfolgreichen englischen Kinderbuchautors Jez Alborough. Der erste Teil der Serie Die Geschichte von "Dir" ergründet, wie im Bewusstsein überhaupt so etwas wie eine Persönlichkeit entstehen kann, mit der man sich danach identifiziert. In welche Gruppenpersönlichkeit integrieren wir uns im Laufe unseres Lebens? Welche Probleme bringt dies mit sich? Ist es möglich sich dieser Dynamik als Erwachsener zu entziehen? Jez Alborough meint, der bedingungslose Zustand des Bewusstseins, den Neugeborene und Kinder erfahren, sei mithilfe einer tiefgehenden Selbsterforschung auch Erwachsenen zugänglich. Im originalen Englisch wird diese Erforschung "Enquiry" gennant. Die Bücher widmen sich dieser Erforschung, genau wie auch eine vom Autor angeleitete Gruppe, die sich wöchentlich trifft.

Jez Alborough ist ein bekannter englischer Kinderbuchautor, der sich zuletzt auch spirituellen Themen zuwendet. Er lebt mit seiner dänischen Ehefrau in Südengland.

MEINE GESCHICHTE


Meine erste Erinnerung ist, wie mir die Windeln gewechselt wurden. Ich kann mich noch an das schwarz-weiße Muster des Stoffes erinnern, auf dem ich lag, denn der war direkt neben meinem Gesicht. Ich kann mich auch noch erinnern, wie ich meine Mutter ansehe und denke: »Was machst du da unten?« Es war so, als ob ich für den Bruchteil einer Sekunde das Bewusstsein eines Erwachsenen hatte; obwohl ich wohl erst eins oder zwei gewesen sein muss.

Ich bin das jüngste von drei Geschwistern. Wir wuchsen in einem grünen Vorort von Südwest-London auf. Schon von jung auf hatte ich recht schlimmes Asthma; während der Anfälle gab es Momente, an denen ich um jeden Atemzug kämpfen musste. Das ist eine furchterregende Situation: Du musst atmen, um zu leben, aber dein Körper arbeitet dagegen, dass du effizient die Luft reinbringst. Wegen der Ernsthaftigkeit und Gefahr des Geschehens war ich intensiv fokussiert auf meinen nächsten Atemzug; es war wie eine erzwungene Meditationstechnik. Ich war erstaunlich ruhig; in Panik zu verfallen, hätte diese gefährliche Situation noch schlimmer gemacht. Nicht dass ich irgendwas dafür getan hätte, um ruhig zu sein; ich musste ruhig sein – also war ich es auch.

Ein paar Jahre bevor meine Mutter verstarb, gestand sie meiner Frau, dass sie postnatale Depressionen hatte, mindestens ein Jahr lang, nachdem sie mich bekommen hatte. Sie sagte, dass sie sich all die Jahre danach noch immer schuldig fühle, da sie mir zu jener Zeit nicht ihre Liebe zeigen konnte. Angeblich sagte meine Mutter manchmal zu meinem Vater, nachdem er von der Arbeit nachhause gekommen war: »Halt du das Baby. Er hat die ganze Zeit geweint, aber ich hab’ es nicht geschafft, ihn aufzuheben.« Als mir meine Frau das erzählte, war ich eigentlich eher erleichtert, denn es erklärte einiges über meine Psychologie: Als Baby wusste ich offensichtlich nicht, was Liebe war, aber ich spürte ihre Abwesenheit akut, und ich weiß, dass das eine tiefe Wunde in mir hinterlassen hat, einen Ort des Schmerzes und der Entwurzelung.

Als ich aufwuchs und mein Charakter sich entwickelte, wurde ich zu einem sensiblen, selbstbewussten und künstlerischem Kind. Ich hatte zwei große Lieben: Fußball und Zeichnen. Beide Aktivitäten waren für mich ein Quell nie endender Freude. Ich spielte vor der Schule, nach der Schule und in den Pausen Fußball. Wenn ich drinnen war, war ich nie weit von Papier und Bleistift entfernt zu finden, ich machte Skizzen, zeichnete Abbildungen von Prominenten, die ich in der Zeitung fand, oder kopierte Figuren aus den Comics, die ich las. Comics zeigten mir, wie ich Zeichnungen in Bilderserien platzieren konnte, um den Verlauf von Zeit darzustellen, und wie man Charaktere zum Sprechen brachte, in dem man ihnen neben dem Kopf eine Sprechblase verpasste. So wurden die Charaktere lebendig und die Möglichkeit eröffnete sich, eine Geschichte um sie herum zu erschaffen. Von diesem Zeitpunkt an wurde das Geschichtenerzählen zu einem zentralen Teil meines künstlerischen Lebens. In der Grundschule wurden die leeren Übungshefte zu meinen Lieblingsmaterialien; auf einer Seite die leere Seite, auf der anderen die linierte: eine Einladung für Geschichten auf der einen und zum Zeichnen auf der anderen.

Wenn mich irgendwer fragte: »Was willst du mal werden, wenn du groß bist?«, kam die Antwort: »Künstler«, ohne jedes Zögern. Ich habe nicht gewusst, welche Art von Künstler, aber ich wusste einfach, dass mich das Leben in diese Rolle geworfen hatte und ich hatte eine Riesenfreude daran, sie zu spielen. Es war so, als müsste ich nichts anderes tun, als meiner Inspiration treu zu bleiben, der Freude zu folgen und das zu werden, wozu ich bestimmt war. Trotzdem, ich war mir über die beiden Seiten meines Lebens bewusst: den kreativen, aufgeschlossenen Charakter, der das Leben liebte und genoss, und tief darunterliegend, die traumatisierte, beschädigte Seite, die daher rührte, mit einer sehr depressiven Mutter ins Leben gestartet zu sein.

Meine geschädigte Seite war meist versteckt, aber ab und zu zeigte sie ihr Gesicht und konfrontierte mich. Zum Beispiel waren meine Eltern normalerweise friedfertige, ruhige Leute, die ihre gelegentlichen Zwistigkeiten hinter verschlossenen Türen austrugen. In meinen frühen Teenagerjahren gab es dennoch plötzlich eine beunruhigende Phase, wo sich die ehelichen Probleme in explosiven Streitereien offenbarten. Wenn diese Ausbrüche das Haus dominierten, aktivierte sich mein frühes Trauma und ich erlebte heftige Angstzustände. (Ich weiß, dass das aus Gefühlen meines Körpers entstand, die dort seit dem Säuglingsalter abgespeichert waren.) In diesen Momenten, wenn sich das versteckte Trauma entblößte, war das wie eine alte Nemesis, die sagte: »Du glaubst doch nicht, dass du mich schon los geworden wärst? Ich bin immer noch da, ich verlass’ dich nicht.«

Ungefähr zu dieser Zeit begann ich etwas zu erleben, das von meinem Hintergrund und meinem täglichen Leben entkoppelt war. Ich fuhr mit dem Fahrrad die Themse entlang und wie ich mich so den kurvenreichen Pfad entlang des Flusses schlängelte, hatte ich ab und zu mal diese Erfahrungen, die ich jetzt als »Öffnungen« bezeichne. Körperlich war da das Gefühl von goldenem Licht in meiner Wirbelsäule. Dieses Licht, oder die Energie, hatte auch auf mein Gehirn eine Wirkung: Mein Denkprozess neutralisierte sich und ich wurde in einen Zustand der Glückseligkeit versetzt. Während dieser Öffnungen konnte ich mein Leben betrachten, aber da gab es einen Abstand dazu, fast so als würde es jemand anderem passieren. Immer wenn so eine Öffnung auftrat, tat ich mein Bestes, um sie festzuhalten, aber das ließ sie sich nicht.

Die Öffnungen zeigten mir, dass es einen anderen Blickwinkel gab gegenüber jenem, den mir die Gesellschaft und meine Eltern gezeigt hatten, eine Perspektive völlig jenseits des Traumas, das ich in mir trug. Es war kein Glaube; es kam nicht daher, einen anderen Blickwinkel zu wollen, damit ich mein Leben verbessern könnte. Es fühlte sich eher an wie das Leben, das sagte: »Hey, schau mal her – es gibt mehr im Leben als dieses Modell, das man dir angeboten hat.« Diese Öffnungen setzten sich sporadisch bis in meine dreißiger Jahre fort.

***

Nach der Kunstuni versuchte ich mich als redaktioneller Illustrator und verbrachte einige Jahre mit nur sehr mageren Einkünften aus Aufträgen und dergleichen. Eines Tages, als ich ein Bad in meiner Einzimmerwohnung nahm, tauchte mitten aus dem Nirgendwo ein Paarreim in meinen Geist auf:

»Um sich warm zu halten in arktischer Kälte,
trägt der Eisbär statt einer Haut Fellzelte.«

Ich hatte das Gefühl, dass diese Worte wichtig sein würden und, da ich sie nicht vergessen wollte, stürmte ich aus dem Bad, tropfte alles voll und kritzelte sie auf ein Blatt Papier. Diese Worte wurden zum Grundstein für mein allererstes Bilderbuch, das 1984 publiziert wurde. Endlich hatte ich einen Nutzen für meine Schreib- und Zeichen-Fertigkeiten gefunden. Ich wusste nun, was für eine Art Künstler ich werden würde: ein Bilderbuch-Künstler. Im Bereich der Bilderbücher textet manch ein Künstler und andere illustrieren; ich schloss mich der noch kleineren Gruppe derer an, die beides machen. Trotzdem dauerte es noch bis 1992 bis ich ein Buch erschaffen konnte, das sich auch gut verkaufte – sich sogar bis heute verkauft. Über die letzten circa dreißig Jahre hinweg habe ich ungefähr 45 Bilderbücher herausgebracht und über acht Millionen Exemplare verkauft.

Um eine Geschichte zu verfassen, musst du Charaktere erschaffen, sie sich bewegen lassen und sie dazu bringen, Dinge zu sagen, zu fühlen und zu tun. Der Dialog, die Charaktere und die Handlung arbeiten alle wie ein verschlüsselter Code zusammen, sie generieren und dienen der Erzählung der Geschichte. Als Leser musst du den Code, der die Geschichte erzeugt, nicht kennen, um sie zu genießen. Um dich an einer Fahrt zu erfreuen, musst du nicht wissen, was unter der Haube passiert, wenn du ein Auto fährst. Aber wie ein Mechaniker, muss der Geschichtenerzähler genau wissen, was unter der Haube passiert. Sein Handwerk und seine Kunst führen alle Elemente zusammen, damit die Geschichte in der fesselndsten und unterhaltsamsten Art und Weise erzählt wird.

Während meine Karriere abhob, trat das Trauma meiner Kindheit in den Hintergrund, aber ich wusste, dass kein Ausmaß an Erfolg es je auslöschen würde. Die einzige echte Freiheit von diesem Schmerz lag in den Öffnungen, die ich erfahren hatte. Ich steckte also in einer unmöglichen Lage fest: Ich hatte zwar einen Ort jenseits des Leidens entdeckt, aber ich wusste nicht, wo er war. Ich konnte meinen Zugang zu ihm nicht beeinflussen.

Im Versuch mich selbst zu verstehen und eine Antwort zu meinem unmöglichen Problem zu finden, begann ich, meine Erfahrungen, Gefühle und Einsichten in einem Tagebuch aufzuzeichnen. Ich untersuchte meine Gegenwart und meine Vergangenheit, indem ich meine emotionale Landschaft in gerichtsmedizinischem Detail darstellte. Dann benutzte ich die gleiche wissbegierige Neugier, die ich...

Erscheint lt. Verlag 19.1.2022
Reihe/Serie Leben jenseits der Persönlichkeit
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
Geisteswissenschaften Philosophie Allgemeines / Lexika
Schlagworte Bewusstsein • Buddhismus • Daoismus • Erleuchtung • Erwachen • non-duality • Spiritualität • Taoismus
ISBN-10 3-7557-7134-9 / 3755771349
ISBN-13 978-3-7557-7134-0 / 9783755771340
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