Kommissar Platow, Band 2: Das Grab am Kapellenberg (eBook)
100 Seiten
MainBook (Verlag)
978-3-946413-18-9 (ISBN)
Martin Olden ist das Pseudonym des Journalisten und Kinderbuchautors Marc Rybicki. Er wurde 1975 in Frankfurt am Main geboren und studierte Philosophie und Amerikanistik an der Goethe-Universität. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet Rybicki als Filmkritiker für das Feuilleton der 'Frankfurter Neuen Presse'. Ebenso ist er als Werbe- und Hörbuchsprecher tätig. Im Jahr 2013 veröffentlichte er zudem seinen ersten Thriller 'Frankfurt Ripper'. Weitere Titel von Marc Rybicki sind die Kinderbücher 'Mach mich ganz', 'Wer hat den Wald gebaut?', 'Wo ist der Tannenbaum?' und 'Graue Pfote, Schwarze Feder'.
Martin Olden ist das Pseudonym des Journalisten und Kinderbuchautors Marc Rybicki. Er wurde 1975 in Frankfurt am Main geboren und studierte Philosophie und Amerikanistik an der Goethe-Universität. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet Rybicki als Filmkritiker für das Feuilleton der "Frankfurter Neuen Presse". Ebenso ist er als Werbe- und Hörbuchsprecher tätig. Im Jahr 2013 veröffentlichte er zudem seinen ersten Thriller "Frankfurt Ripper". Weitere Titel von Marc Rybicki sind die Kinderbücher "Mach mich ganz", "Wer hat den Wald gebaut?", "Wo ist der Tannenbaum?" und "Graue Pfote, Schwarze Feder".
1
Freitag, 11. April 1975
Die Kleine ließ den Kopf hängen. Sie würde sterben müssen. Ihre Rettung lag in meiner Hand. Beherzt griff ich zur Gießkanne und wässerte die vernachlässigte Orchidee auf der Fensterbank meines Büros. Im Radio spielte der neue Super-Hit der Gruppe Sweet: „Fox on the Run.“ Ich summte die Melodie mit. Abba döste auf ihrer Decke neben meinem Schreibtisch. Mike Notto hackte Berichte auf der Schreibmaschine weg. Besonderen Elan legte mein Partner heute Morgen nicht an den Tag.
„Weißt du, Joe“, sagte er und gähnte, „bald gibt`s hier `ne Leiche. Ich sterbe vor Langeweile. Dabei bin ich zur Kripo gegangen, weil ich gedacht habe, es wäre spannender als Streifendienst. Pustekuchen!“
„Was hast du erwartet? Verfolgungsjagden und Schießereien?“, fragte ich mit einem Lächeln. „Die gibt es im Kino. Erinnere dich an unsere offizielle Berufsbezeichnung. Sachbearbeiter. Bedeutet: eine Menge Routine und noch mehr Papierkrieg. Wie in jeder Behörde.“
Ich stopfte meine Savinelli-Pfeife mit einem süßen Virginia-Tabak. „Um ehrlich zu sein, bin ich manchmal ganz froh darüber. Ich möchte nicht jeden Tag vor einer Leiche stehen oder trauernden Angehörigen begegnen.“
„Na ja, stimmt schon“, sagte Mike gedehnt. „Aber ein bisschen Abwechslung in dem trüben Laden könnte nicht schaden.“
Es klopfte an unsere Tür. Ich streifte schnell das Jackett über und rief: „Herein!“
Ein Mann und eine Frau traten ein. Die Dame mochte Ende dreißig sein. Ihn schätzte ich etwas älter. Sein hellbraunes Haar wurde bereits dünn. Die Gläser seiner Brille waren durch die Heizungsluft beschlagen. Umständlich wischte er sie mit einem Taschentuch aus seiner Sakkotasche sauber. Seine Begleiterin hielt sich nicht mit Nebensächlichkeiten auf. Der resolute Zug um ihren ungeschminkten Mund verriet eine energische Frau. Sogleich kam sie zur Sache: „Mein Name ist Pohl. Unsere Tochter ist verschwunden! Seit gestern Mittag! Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugemacht! Bitte, sie müssen uns helfen!“
Ruhig bat ich die beiden, Platz zu nehmen. Dann erkundigte ich mich nach dem Namen und dem Alter der Tochter.
„Sie heißt Katarina. Wir nennen sie meistens Kati. Sie ist fünfzehn Jahre alt“, antwortete Frau Pohl. „Ich habe all unsere Verwandten und Bekannten angerufen. Nirgends eine Spur von Kati. Gestern Abend bin ich auf das Polizeirevier in Höchst gegangen. Aber die wollten keine Vermisstenanzeige aufnehmen. Weil Kati noch nicht lange genug weg wäre.“ Ihre blauen Augen wanderten sorgenvoll zwischen Mike und mir hin und her. „Ich bitte sie, wie lange muss ich denn auf mein Kind warten, bis endlich jemand etwas tut!“
„Frau Pohl, es ist doch nicht ungewöhnlich, dass Teenager in dem Alter mal ausreißen“, meinte Mike. „Und das sind selten Fälle für die Kripo.“
Herr Pohl nahm die Hand seiner Frau. „Hörst du, Vera? Ich habe dir gleich gesagt, es ist vorschnell, sofort zur Polizei zu gehen.“
„Ach, Siggi!“, rief Vera Pohl entrüstet. „Erzähl mir nichts! Du kennst Kati genauso gut wie ich. Du weißt, was für ein liebes Mädchen sie ist. Die läuft nicht einfach von zu Hause weg. Dazu hätte sie auch gar keinen Grund.“ Sie sah mich hilfesuchend an. „Vielleicht ist sie entführt worden von irgend so einem … Oder sie ist verletzt und liegt irgendwo und braucht dringend unsere Hilfe, während wir nur herumsitzen und reden!“
„Ich kann Ihre Aufregung gut verstehen, Frau Pohl“, sagte ich. „Aber bevor wir Ermittlungen einleiten können, müssen wir ein wenig mehr über Ihre Tochter wissen. Fangen wir damit an, wann Sie Katarina zum letzten Mal gesehen haben.“
Vera Pohl nestelte am Kragen ihres hochgeschlossenen grauen Kleids. „Gestern nach dem Mittagessen. Etwa um 14 Uhr. Kati wollte zu ihrer Freundin Martina. Sie gehen zusammen in die Helene-Lange-Schule. Martina hatte gestern Geburtstag und …“
Meine Gedanken schweiften für einen Moment ab. Gestern war der 10. April. An dem Tag hatte nicht nur Katis Freundin Geburtstag, sondern auch Petra Helm. Meine Ex-Verlobte. Sie war 31 geworden. Gott allein wusste, wo sie steckte und mit welchem ihrer Terroristen-Freunde sie gefeiert haben mochte. Was wünscht man sich in diesen Kreisen, wenn man auf den Geburtstag anstößt? Ein Prosit auf viele weitere gelungene Anschläge? Möge dir die Munition nie ausgehen? Auf dass dich die „Bullenschweine“ niemals zu fassen kriegen? Im April `73 hatten Petra und ich das letzte Mal miteinander gefeiert. Nach dem Einzug in unsere erste gemeinsame Wohnung in der Stephan-Heise-Straße. Abba war noch ein Welpe gewesen und hätte um ein Haar die Torte gefressen. Über den Anblick unserer Hündin, die Schnauze mit Sahne verschmiert, hatten wir uns kaputtgelacht. Mann, was für ein glücklicher Tag! Bald darauf war der Traum von der trauten Familie zerbrochen.
Ich kehrte in die Gegenwart zurück als Frau Pohl sagte: „… winkte und ist mit ihrem Fahrrad losgefahren. Tschüss, Mutti. Das ist das Letzte gewesen, das ich von meiner Tochter gehört habe. Tschüss, Mutti.“
„Entschuldigung, haben Sie Fahrrad gesagt?“, hakte ich nach. „Ihre Tochter ist mit dem Rad gefahren? Bei dem Wetter? Da draußen sind es gerade mal acht Grad.“
„Ich weiß. Ich habe ihr gesagt, nimm lieber den Bus nach Höchst. Aber Kati ist bei Wind und Wetter Rad gefahren. Auch jeden Tag zur Schule durch den Höchster Park. Sie hat gesagt: So bin ich viel schneller, Mutti. Und billiger ist es obendrein.“ Frau Pohl seufzte. „Als ob es uns auf eine Busfahrkarte angekommen wäre.“
Mike wiederholte die bisherige Aussage. Darüber war ich froh. So fiel meine Unaufmerksamkeit nicht auf. Abba sah mich an. Ich ahnte, was sie dachte.
Mit mir schimpfst du, wenn ich mich ablenken lasse. Und selbst träumst du von Frauchen, anstatt dich auf die Arbeit zu konzentrieren. Pfui, Joe!
„Also, Ihre Tochter ist um 14 Uhr von ihrem Haus in Sossenheim in der Westerbachstraße aufgebrochen“, sagte mein Partner. „Wann hat sie denn die Party ihrer Freundin in Höchst verlassen?“
„Aber das ist es ja!“, rief Frau Pohl. „Sie ist doch gar nicht bei Martina angekommen!“
Siegfried Pohl räusperte sich. Er wollte auch einmal zu Wort kommen. „Als ich von der Arbeit nach Hause gekommen bin – ich arbeite als Vertriebsleiter bei der Moha Molkerei in Sossenheim, wissen sie – da ist es 19 Uhr gewesen. Und Kati hatte um diese Zeit längst zurück sein wollen. Sie hat auch nicht angerufen, um uns mitzuteilen, dass sie sich verspätet. Meine Frau hat daher mit Martinas Eltern telefoniert und herausgefunden, dass unsere Tochter nicht auf dem Geburtstag gewesen ist.“
„Und das hat Sie nicht beunruhigt, Herr Pohl?“, fragte ich.
„Doch schon. Allerdings … wie Sie schon gesagt haben … Mädchen und Jungs in diesem Alter sind unberechenbar. Ich habe zu meiner Frau gesagt: Vera, schone deine Nerven! Kati wird etwas anderes in den Sinn gekommen sein, als zu Martinas Geburtstag zu fahren. Womöglich hat sie unterwegs eine andere Schulfreundin getroffen und sie sind zusammen ins Kino oder auf die Eisbahn oder sonst wohin und dann hat sie die Zeit vergessen und …“
Seine Frau schüttelte den Kopf. „Niemals! Kati ist verlässlich. Wenn sie sagt, ich gehe auf den Geburtstag und bin bis 19 Uhr wieder zu Hause, dann stimmt das auch. Oh Gott, wenn ich mir vorstelle, was alles passiert sein könnte …“
„Man muss nicht immer mit dem Schlimmsten rechnen“, beschwichtigte Herr Pohl. „Darum habe ich es für voreilig gehalten, gleich die Polizei zu alarmieren.“
„So?“, fragte seine Frau giftig. „Und wer hat heute Morgen vor Aufregung keinen Bissen heruntergebracht? Du!“
„Zugegeben. Nachdem du in der Schule angerufen hattest und sie dort auch nicht gewesen ist, habe ich Bedenken bekommen. Kati ist nämlich eine sehr fleißige Schülerin, normalerweise.“
„Die Helene-Lange-Schule ist doch kein reines Mädchengymnasium mehr, oder?“, fragte ich. „Seit diesem Jahr werden da auch Jungs unterrichtet.“
„Ja … leider“, sagte Vera Pohl. „Wir sind von Anfang an dagegen gewesen. Jungs sind in der Pubertät doch viel schwieriger als Mädchen. Die machen Probleme und lenken vom Lernen ab. Ich finde, sie haben einen schädlichen Einfluss.“
„Es soll Mädchen geben, die mögen schädliche Einflüsse“, sagte Mike mit einem Augenzwinkern. „Könnte es sein, dass Ihre Tochter die letzte Nacht mit einem Jungen …“
„Ausgeschlossen!“ Ihre Wangen röteten sich. „Meine Tochter ist ein...
| Erscheint lt. Verlag | 1.2.2016 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Kommissar Platow | Kommissar Platow |
| Verlagsort | Frankfurt am Main |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
| Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Historische Kriminalromane | |
| Schlagworte | 1970 • 70er • 70er-Jahre • Army • Der Alte • Der Kommissar • Derrick • Frankfurt • Frankfurt-Krimi • GI • Krimi • Tatort |
| ISBN-10 | 3-946413-18-8 / 3946413188 |
| ISBN-13 | 978-3-946413-18-9 / 9783946413189 |
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