Das Zauberbuch (eBook)
91 Seiten
Werner (Verlag)
978-3-95849-488-6 (ISBN)
Teil 1: Bekanntschaft mit den Muffeln
Früher einmal war das Weihnachtsmärchenland viel kleiner als heute, denn es beschränkte sich nur auf den Weihnachtsberg mit dem Märchenschloss des Weihnachtsmannes. Uns Muffleln gab es natürlich
schon, doch wir lebten noch in einem dunklen Tal fernab des Weihnachtsberges. Die Menschen benötigten unsere Kraft noch nicht, der Weihnachtsmann konnte die Kinder noch alleine glücklich machen.
Erst als im Laufe der Zeit die Macht der Phantasie wuchs und wuchs sollte ein Wink des Schicksals uns gewissermaßen zum Leben erwecken.
Nicht lange sollte es mehr dauern und auf der Erde würde Bescherung sein. Wie immer öffnete der Weihnachtsmann lange Zeit vor diesem Termin seinen Wunschpostkasten und prüfte die vielfältigen Wünsche
der Kinder. Jemand wünschte sich ein Schaukelpferd, ein anderer nur Süßigkeiten, ein kleines Mädchen einen warmen Mantel für die Mutter, aber auch Bücher und - dies freute den alten Mann immer besonders Liebe, Geborgenheit, Frieden, Gesundheit... Schwierige Wünsche
zwar, aber äußerst phantasievolle, welche aber die Bedeutung und die Kraft des Weihnachtsmanns steigerte.
Man darf sich jetzt nicht einfach vorstellen, dass er so ohne weiteres Frieden auf Erden zaubern könnte. Doch ihm und später auch den Muffeln oblag es, Helligkeit auf die Erde zu bringen und so manches Geschenk, sei es auch noch so klein, war meist ein erster Schritt in
Richtung Liebe unter den Menschen und wo Liebe herrscht, ist der Frieden nicht mehr weit.
Wir befinden uns nun auf dem Weihnachtsberg im Märchenweihnachtsland, auf dem sich majestätisch das Märchenschloss erhob.
Vier große Türme ragten zum Märchenhimmel empor und umgaben das massige Schlossgebäude. Die beiden kleinen bildeten den Eingang, wobei sich ein riesiger Bogen vorn einen zum anderen Turm spannte. Der Spiegelmärchenturm und der Märcheneismeerturm wa-
ren rund und bestanden aus dem schönsten reinweißen Märchenmarmor, welches der Weihnachtsberg hergab. Eine Mauer schloss sich an, bog am Rande des Berges ab und erstreckte sich bis zum Weihnachtsmärchenturm, der sich in nichts von den anderen beiden unter-
schied. Hinter diesem fiel wiederum der Berg schroff ab in die Tiefe, sodass eine weitere Mauer als Angrenzung nötig war, welche schließlich im eigentlichen Schlossgebäude mündete, an welchen alles in die Höhe wies. Die Fensterchen waren schmal und lang und von kleinen
niedlichen Bögen überspannt. Diese Bögen, natürlich größer bildeten an allen Vier Seiten des Hauptgebäudes den Abschluss und schlossen am Scheitelpunkt spitz aneinander und zeigten zum Märchenhimmel.
Auch das Märchenschloss wurde aus diesem Marmor gebaut, und so leuchtete es von weit oben durch das ganze Märchental und überzog es mit einem weißen Schimmer; Einzig und allein der Dunkle Turm
war aus schweren schwarzen Granit errichtet und schmiegte sich am Fuß an das Schloss, während die Turmspitze erhaben über alles hinausragte. Dieser trübte so den weißen Schimmer von Zeit zur Zeit,
denn der dunkle Turm stand für die einzig noch völlig unerforschte Richtung im Märchental.
Natürlich schloss sich die Mauer wieder und mündete im Märcheneismeerturm. Die Mauer, welche nicht so hell schien, wie die drei anderen Türme und das Märchenschloss, umgab auch die Stallungen für
die Rentiere des Weihnachtsmannes, nur das diese aus Holz gezimmert waren, dort fühlten die Tiere sich wohler.
So geschah es eines Märchentages, als gerade die Weihnachtsmanngehilfen den Weihnachtsschlitten überprüften, mit dem er immer auf die Erde reiste, dass der Obergehilfe Martin wie vom Donner gerührt vor den Ställen stehen blieb, in welchen sich die Rentiere befanden,
die den schweren Schlitten auf die Erde schweben lassen sollten.
„Potz‘ Blitz“, rief Martin aus als er in den zwölften Stall schaute, wo sich sonst das Rentier Rudolf befand. Dieser Stall war leer.
Martin sollte die Rentiere aus ihren Ställen führen und vor den Schlitten spannen. Sofort rannte er zum Weihnachtsmann, der gerade eine Auseinandersetzung mit den anderen Gehilfen hatte und nicht auf Martin achtete.
Dieser aber plapperte einfach drauf los:
„Du, lieber Weihnachtsmann, Rudolf ist nicht in seinem Stall, was soll ich tun?"
„Na, ja, Hmm, Ämm,“ ließ jener verlauten.
„Also so was,“ dachte Martin „das Weihnachtsmänner immer so schwer vom Begriff sind!“ und fügte etwas lauter hinzu:
„Wir müssen es suchen!“
„Ja, ja“ gab dieser zur Antwort. Da platzte dem emsigen Obergehilfen der Kragen: Er zerrte aufgeregt am Mantel des Weihnachtsmannes und rüttelte ihn gleichzeitig am Arm.
„Jetzt hör doch endlich mal zu“ fügte dieser ungeduldig hinzu.
„Ja“ erwiderte darauf der Weihnachtsmann seelenruhig,
“Du wolltest mir was Dringendes mitteilen?"
Martin verdrehte die Augen und schaute dabei fassungslos zum Weihnachtsmärchenhimmel – gut‚ immer mit der Ruhe und noch mal von vorn!
„Also, Rudolf, unser stolzes Rentier, ist nicht in seinem Stall und Ersatz haben wir auch keinen mehr, weil sich unser Lieschen ( ein anderes Rentier) die Vorderpfoten gebrochen hat. Schließlich kann der Weihnachtsschlitten nur von zwölf Tieren gezogen werden. So! bitte
sag mir, was wir als nächstes machen sollen?“
„Warum hast Du das nicht gleich gesagt?“, entgegnete der Weihnachtsmann verstreut
„Wir müssen Rudolf unbedingt suchen –
Eine Katastrophe, wenn ich nicht rechtzeitig auf der Erde ankomme – gar nicht auszudenken, all die armen Kinderchen!“
und etwas leiser und mehr zu sich selbst sagte er: „Aber warum hat er denn Reißaus genommen?“
(Eine Entführung käme natürlich selbstredend nicht in
Frage. Wer sollte schon den armen Weihnachtsmann beklauen?)
Martin grübelte darüber nach und beobachtete dabei den Weihnachtsmann, wie dieser die Stirn in Falten legte und sich dabei durch seinen langen, struppigen Bart strich.
„Ist mir nicht zu Ohren gekommen, das Rudolf des Öfteren geärgert wurde von den anderen Rentieren wegen seines kleinen Geweihs?" sinnierte der Weihnachtsmann und schmunzelte ein wenig beim Gedanken an das wahrhaft mickrige Geweih, welches aus Rudolfs Haupt
wuchs. Doch dieser Gesichtsausdruck dauerte nur Bruchteile von Sekunden, sodass Martin es gar nicht erst bemerkte.
Es war gemein, jemanden nur nach seinem Äußeren zu beurteilen.
Martin pflichtete ihm bei und fügte hinzu:
„Es stimmt. Er ist dann immer sehr traurig und möchte am liebsten davonlaufen, vielleicht fürchtete er sich davor, dass Du ihn auslachen würdest. Möglicherweise hat er sich davongeschlichen‚ als die Ställe heute Morgen offen standen bei der Fütterung.“
„Gut möglich. Aber ich ihn, auslachen? Das ist einfach lächerlich. Schließlich ist Rudolf unser stärkstes und stolzestes Rentier!“, sagte der Weihnachtsmann erbost.
Rudolf war noch ein Jungtier, doch schon jetzt mächtiger als seine meist älteren Artgenossen. Er mauserte sich schnell zum „Leitwolf“ und der Weihnachtsmann ließ ihn das auch spüren. Die anderen Tiere verübelten ihm das und schienen neidisch, dass ausgerechnet Rudolf
das Lieblingstier des Weihnachtsmannes war. So ärgerten sie ihn wegen seines kleinen Geweihs, entdeckten somit seinen wunden Punkt und vergrämten ihn so sehr, dass er die Flucht ergriff. Diese Gedanken machte sich der Weihnachtsmann und reimte sich so eins und
eins zusammen. Rudolfs Geweih wuchs tatsächlich nicht so sehr wie seine Muskeln, trotzdem war es wunderschön geformt wenn auch ein wenig zu klein. Leider, musste sich der Weihnachtsmann eingestehen, dass
er selber nicht unschuldig war an der ganzen Misere.
Besser hätte er alle Tiere gleich behandeln sollen und nicht den einen wegen seiner Stärke hervorheben sollen – dies brachte nur Zwietracht. Vielleicht dachte sich Rudolf, der Weihnachtsmann persönlich würde über ihn
lachen, wenn die anderen Rentiere ihn schon piesackten – einst so hoch gelobt und dann einfach fallen gelassen.
Diese Scham wollte er sich ersparen und zog von dannen – Tiere haben schließlich auch ihren Stolz.
„So oder ähnlich muss es sich zugetragen haben“, dachte der Weihnachtsmann, legte seine nachdenkliche Miene ab, kniff entschlossen die Augen ein bisschen zusammen und schlug entschlossen mit der linken Faust auf die Innenseite seiner rechten Hand.
„Was hilft es! Wir brauchen den Kerl unbedingt und zwar dringend!
Martin, stell sofort einen Suchtrupp zusammen - wir müssen ihn auf...
| Erscheint lt. Verlag | 25.5.2016 |
|---|---|
| Verlagsort | Vachendorf |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur |
| Kinder- / Jugendbuch ► Vorlesebücher / Märchen | |
| ISBN-10 | 3-95849-488-9 / 3958494889 |
| ISBN-13 | 978-3-95849-488-6 / 9783958494886 |
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