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Das abenteuerliche Leben des Gunther Plüschow -  Rolf Helfert

Das abenteuerliche Leben des Gunther Plüschow (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
104 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7693-9703-1 (ISBN)
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Gunther Plüschow (1886-1931) führte ein Leben voller Gefahr und Dramatik, das den meisten Menschen verwehrt bleibt und wesentlich die Faszination speist, die viele noch heute beeindruckt. Als Seeoffizier und "Flieger von Tsingtau" gelang ihm als einzigen deutschen Soldaten des Ersten Weltkriegs die Flucht aus britischer Gefangenschaft. Plüschow wurde berühmt und stellte nach 1918 seine große Tatkraft in den Dienst ziviler geografischer Entdeckungen. Der Unbedingtheit seines Willens wohnten aber bisher verheimlichte Schattenseiten inne. Dass er unnotwendige Risiken einging, kostete Plüschow das Leben.

3. Schiffsoffizier in der kaiserlichen Marine

3.1 Die „Stosch“

Gunther Plüschow kam 1904 in Kiel als Kadett auf ein Segelschulschiff, die SMS (Seiner Majestät Schiff) „Stosch“. Zuvor erhielt Plüschow bei der Einkleidung einen vergoldeten Marinedolch, den er wie eine „Reliquie“ bewundert habe. Nachdem er seinen „Soldateneid“ auf Kaiser und Reich geleistet hatte, begann sein Dienst auf der „Stosch“. „Wie zu ragenden Baumwipfeln sah Gunther zu den riesigen Masten empor, zu den gelben, scharf ausgerichteten Rahen, an denen die leuchtend weißen Segel wie runde Würste aufgerollt hingen“.

Ein ganzes Jahr sollte er auf diesem Schiff verbringen; die Kadetten lebten in nur einem Raum, der dem Wohnen, Schlafen und Essen diente, aber auch als Unterrichts- und Freizeitraum genutzt wurde. Sie schliefen in Hängematten, „dicht an dicht, mit geringem Abstand aufgehängt“. Im Laufe der Zeit gewöhnten sich Plüschow und die übrigen Offiziersanwärter an den „bitter schweren“ Dienst. Stundenlang und tagtäglich wurde an den Segeln und Geschützen des Dreimasters „Stosch“, der auch mit einer Dampfmaschine ausgerüstet war, exerziert.

Die erste Fahrt des Schiffes führte vom Heimathafen Kiel nach Rügen. Ein schweres Wetter kam auf, die Neulinge wurden seekrank, mussten aber in die Masten aufentern und Segel reffen. Die hohen Masten der „Stosch“ bewegten sich in der stürmischen See wild hin und her. „Gunther empfand seinen Körper fast wie ein Fahnentuch, das von der Hand eines Riesen durch die Lüfte geschwenkt wurde“. Als alles überstanden war, ging man bei Saßnitz auf Rügen vor Anker. So reifte Plüschow allmählich zu einem Seefahrer heran; stets hielt er an seinem Ziel fest, Kommandant eines Torpedobootes zu werden.

Das Segelschulschiff bereiste dann 1904/05 zehn Monate lang mehrere Länder: nach Schweden kam Norwegen, wo sich Gunther als „Wikinger“ empfunden haben soll, dann folgten Großbritannien und fast alle Mittelmeerländer. In Griechenland lernte er einen deutschen Archäologen kennen, der Plüschow und einigen Bordkameraden die archäologische Wissenschaft erläuterte.

Besonders faszinierten Plüschow die Besichtigung von Konstantinopel und ein längerer Aufenthalt in Ägypten. Dort glaubte er, Missstände der britischen Kolonialpolitik zu erkennen; seine Kritik wollte jedoch die Besatzung der „Stosch“ nicht teilen. Plüschow erwies sich als eigenständiger Kopf, welcher der „Herde“ nicht immer folgte.

Die Reste der altägyptischen Kultur, Pyramiden und Königsgräber, fesselten den jungen Mann ebenso wie das römische Pompeji. Vermutlich formte sich in diesen Tagen und Wochen der Mittelmeereise bei Plüschow der Wunsch, später selbst einmal in die Welt der Entdeckungen ferner Länder und Kulturen einzutauchen.

Während der Rückfahrt bestand er auf der „Stosch“ die erste Hälfte des Seefähnrichsexamens und kehrte im März 1905 als 19-Jähriger wieder nach Kiel zurück. Die Ausbildungszeit auf dem Segelschulschiff war vorüber.

3.2 Exkurs: Der „Tirpitz-Plan“

An dieser Stelle ist ein historischer Einschub notwendig. Als Gunther Plüschow in die kaiserliche Marine eintrat, hatte bereits der Aufbau einer deutschen Schlachtflotte begonnen, die das Verhältnis zu Großbritannien deutlich verschlechterte. Der „Tirpitz-Plan“, aufgrund dessen die Schlachtschiffe gebaut wurden, gehört mit zu den wichtigsten Ursachen, die den Ersten Weltkrieg herbeiführten. Weder Plüschows Frau noch er selbst erwähnten später diesen historischen Hintergrund.

Mit dem Regierungsantritt Wilhelms II. setzte ein grundlegender Wandel der deutschen Flottenpolitik und Seerüstung ein. Der deutsche Kaiser wollte eine machtvolle Flotte bauen und ernannte im Juni 1897 Alfred Tirpitz (1849-1930) zum Staatssekretär des Reichsmarineamts.

Gleichzeitig verbreitete sich in weiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit die verhängnisvolle Idee, dass Deutschland nicht saturiert sei, wie noch Bismarck betont hatte, sondern zur Weltmacht aufsteigen solle, wobei Großbritannien als Hauptgegner galt. Wilhelm II. und Tirpitz verfochten diese Linie besonders massiv.

1898 wurde der auch von Tirpitz geförderte Flottenverein gegründet. Die Schlachtflotte sollte außerdem dazu beitragen, die innenpolitische Zusammenarbeit der „staatsbejahenden“ Gruppierungen zu fördern.

Auf Initiative von Tirpitz beschloss der Reichstag im März 1898, die Marine um 7 Linienschiffe und 9 Kreuzer zu verstärken. Vor dem Hintergrund des Burenkrieges wuchs in Deutschland die antibritische Stimmung. Bereits im Juni 1900 bewilligte der Reichstag einen neuen drastischen Ausbau der Schlachtflotte.

Tirpitz und Kanzler Bülow verfolgten das Ziel, die deutsche Marine bis zu zwei Drittel der britischen aufzurüsten. Die deutsche Schlachtflotte sollte eine „Risikoflotte“ darstellen, das heißt die britische „Home fleet“ sollte einen Angriff auf die deutsche Schlachtflotte scheuen, sprich die deutsche Weltmachtgeltung hinnehmen.

Aber die Briten eröffneten nun ihrerseits das Wettrüsten und blieben überlegen. Daher galt der Tirpitz-Plan, obwohl 1906, 1908 und 1912 weitere Verstärkungen der deutschen Kriegsmarine erfolgten, seit etwa 1912 als hinfällig. Die deutsche Rüstung verlagerte sich wieder auf das Heer.

Sehr negativ gestalteten sich für Deutschland die politischen Konsequenzen der Flottenrüstung. Das Verhältnis zu Großbritannien wurde tief gestört; bereits seit 1904 kooperierten die Briten mit Frankreich auch in maritimer Hinsicht. Der Tirpitz-Plan trug zur Entstehung des Ersten Weltkriegs bei; wichtige Ressourcen hat Deutschland für die Schlachtflotte vergeudet.

Während des Krieges verweigerten die Briten eine große Seeschlacht und begnügten sich mit einer höchst wirksamen Fernblockade. Obwohl Tirpitz zunächst die große Schlacht gefordert hatte, schreckt am Ende sogar er selbst davor zurück.

Tirpitz verlangte immer wieder, dass Deutschland in Westeuropa (Belgien, Frankreich) dauerhaft Ländereien annektieren müsse, um Flottenstützpunkte zu erhalten. Im März 1916 wurde Tirpitz entlassen, weil er im Gegensatz zum Kanzler Bethmann-Hollweg den uneingeschränkten U-Bootkrieg bejahte, der später doch kam und den Kriegseintritt der USA herbeiführte.

3.3 Offizier auf einem Torpedoboot

Im Rang eines Unteroffiziers verließ Gunther Plüschow die „Stosch“. Kurz darauf verlobte er sich mit einer Frau namens Kitty, die in Dresden wohnte. Plüschow absolvierte erfolgreich die letzten Teile der Seefähnrichsprüfung in Kiel und verstand sich „als Soldat mit Leib und Seele“.

Dann trat Plüschow in die Marineschule ein, der er ein Jahr angehörte, ließ sich aber nebenher, weil ihn der theoretische Unterricht langweilte, zum Yachtsegler und Taucher ausbilden. Die Schulung zum Seeoffizier genügte ihm offensichtlich nicht; seine Interessen und Abenteuerlust trieben ihn weiter. Plüschow bestand die Prüfung der Marineschule und bekleidete seit 1906 den Rang eines Leutnants.

Sein alter Wunsch, auf ein Torpedoboot zu kommen, ging in Erfüllung. Nun erlernte Plüschow die speziellen, für ein Torpedoboot notwendigen Kenntnisse, „die Ärmel aufgekrempelt, in Fett und Öl wühlend“. In der Ostsee wurde der Umgang mit Torpedos geübt; auch dieser Lehrgang endete mit einer Prüfung. Es folgte noch ein Infanterie- und Artilleriekursus, und Plüschows Ausbildung zum Seeoffizier war vollendet.

Was sollte nun geschehen? Wieder begünstigte ihn das Glück, denn er kam wunschgemäß auf den Großen Kreuzer „Fürst Bismarck“, ein Auslandsschiff im fernen Osten. Mit zivilen Passagierschiffen fuhr der junge Offizier Ende 1906 nach Kiautschou, zum deutschen Pachtgebiet in China. Im Hafen der dortigen Stadt Tsingtau lag das Kriegsschiff „Fürst Bismarck“.

3.4 Im Fernen Osten

Tsingtau – diese Stadt sollte Plüschows gesamtes Leben schicksalhaft beeinflussen! Tsingtau, ein ehemaliges Fischerdorf, war die von Deutschen aufgebaute Hauptstadt des Pachtgebietes Kiautschou. 1898 erfolgte die deutsche Inbesitznahme der Bucht und angrenzender Gebiete von Kiautschou im Rahmen der deutschen Welt- und Flottenpolitik. Schon mehrere Jahre zuvor hatten deutschen Flottenexperten Kiautschou ins Auge gefasst.

Seit 1895/96 wollte das Reichsmarineamt die Bucht von Kiautschou definitiv als Flottenbasis gewinnen. In China wurden 1897 zwei deutsche Missionare ermordet; dieses Ereignis nahm die Reichsleitung zum Vorwand, um als Repressalie Kiautschou zu besetzen. China musste Kiautschou für 99 Jahre an Deutschland verpachten. Das kaiserliche „Ostasiatische Kreuzergeschwader“ wurde in Kiautschou stationiert.

Im Gegensatz zu allen anderen deutschen Kolonien gehörte Kiautschou nicht zum...

Erscheint lt. Verlag 13.10.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Geschichte
Schlagworte Entdecker • Erster Weltkrieg • Flieger von Tsingtau • Gunther Plüschow • seeoffizier
ISBN-10 3-7693-9703-7 / 3769397037
ISBN-13 978-3-7693-9703-1 / 9783769397031
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