AI ID (eBook)
314 Seiten
BoD - Books on Demand (Verlag)
978-3-8192-5829-9 (ISBN)
Hakan Özgür ist Autor, Künstler und interdisziplinärer Denker. In seinen Arbeiten verbindet er Technologie, Gesellschaft und Philosophie. Seine MindShift-Reihe widmet sich den Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf Arbeit, Identität und Wirklichkeit. Mit einem klaren Blick für Zusammenhänge und einem sachlich-reflektierenden Stil vermittelt er komplexe Themen verständlich und menschlich nah.
Kapitel 1: Die KI-Disruption – Aufbruch in eine neue Arbeitswelt
Montagmorgen, 7:30 Uhr. Die Grafikdesignerin Anna öffnet ihren Laptop und startet ein KI-Programm, das in Sekunden erste Logo-Entwürfe nach ihren Vorgaben erzeugt. Während Anna die Vorschläge der künstlichen Intelligenz (KI) prüft, bereitet der Lehrer Ben seinen Unterricht vor: Er nutzt eine KI-Anwendung, um für seine Klasse individualisierte Übungsaufgaben zu generieren. Gleichzeitig wirft Pflegekraft Carla einen Blick auf die Nachtprotokolle – eine KI hat die Vitaldaten ihrer Patienten überwacht und Anomalien protokolliert, sodass sie gezielt nach kritischen Fällen sehen kann. Zur selben Zeit lässt Anwalt Daniel von einer juristischen KI einen Vertragsentwurf prüfen; die Software markiert strittige Klauseln und recherchiert passende Präzedenzfälle, während Daniel sich auf die Verhandlungsstrategie konzentriert. Vier Berufe, vier verschiedene Arbeitsbereiche – und doch ein gemeinsames Phänomen: KI-Technologien durchdringen immer mehr Arbeitsabläufe und verändern, wie wir arbeiten. Was hier an einem beliebigen Morgen im Jahr 2025 geschieht, steht exemplarisch für eine stille Revolution am Arbeitsplatz, die gerade an Fahrt aufnimmt.
Wir stehen am Beginn einer radikalen Transformation der Arbeitswelt. Ähnlich wie Dampfmaschine, Fließband und Computer in früheren Zeiten ganze Branchen umwälzten, disruptiert KI heute quer durch Berufsgruppen und Hierarchien. Dabei geht es nicht um Science-Fiction-Roboter, die uns die Jobs wegnehmen, sondern um Software – vom Chatbot bis zur Bildgenerierung –, die kognitive und kreative Aufgaben übernimmt, die lange als ureigenes Terrain des Menschen galten. Warum gilt dieser Umbruch als so tiefgreifend? Welche Berufe und Branchen sind besonders betroffen? Wie unterscheidet sich diese KI-Welle von früheren Automatisierungswellen, und wie verändert sich unsere Wahrnehmung von Arbeit und beruflicher Identität? Dieses Kapitel bietet einen fundierten Einstieg in die KI-Disruption der Arbeitswelt – mit Daten, historischen Parallelen, Fallbeispielen und einem Blick auf Chancen, Herausforderungen und die emotionalen Facetten dieses Wandels.
Eine beispiellose Transformation der Arbeitswelt
Die aktuelle KI-Revolution wird häufig als beispiellos beschrieben – und das aus gutem Grund. Erstmals automatisiert Technologie nicht nur physische Routinetätigkeiten oder einfache Rechenaufgaben, sondern dringt in intellektuelle, kreative und interaktive Domänen vor. Moderne KI-Systeme können Texte schreiben, Bilder malen, Entscheidungen vorschlagen und Dialoge führen. ChatGPT und andere generative KI-Modelle haben binnen weniger Monate Millionen Menschen erreicht und die Möglichkeiten greifbar gemacht: Plötzlich formuliert ein Algorithmus E-Mails, entwirft Marketingtexte oder schreibt sogar Code. Diese breite Einsetzbarkeit unterscheidet KI von früheren Technologien und lässt erahnen, warum ihre Auswirkungen so weitreichend sind.
Aktuelle Studien untermauern die Dimension dieses Umbruchs. Eine Analyse der Investmentbank Goldman Sachsschätzt, dass KI-Tools weltweit die Arbeitsleistung von bis zu 300 Millionen Vollzeitstellen potenziell automatisieren könnten . Das entspricht etwa einem Viertel aller Jobs – eine gewaltige Zahl. In den USA sind laut der Studie etwa zwei Drittel aller Berufe in gewissem Maße von KI- Automatisierung betroffen; in den betroffenen Berufen wiederum ließe sich ein Viertel bis die Hälfte der Aufgaben durch KI erledigen. Mit anderen Worten: Kaum ein Beruf bleibt völlig unberührt. Allerdings bedeutet „Automatisierung“ hier meist, dass Teilaufgaben übernommen werden – nicht zwangsläufig, dass ganze Berufe verschwinden. Die Goldman-Ökonomen betonen, dass die meisten Jobs nur teilweise von KI erfasst werden und daher eher ergänzt als ersetzt werden Ein Sachbearbeiter etwa könnte dank KI schneller recherchieren, ein Arzt präzisere Diagnosen stellen – beide bleiben aber zentral für den Prozess.
Warum also „Disruption“, wenn doch nicht alle Menschen arbeitslos werden? Das Tempo und die Breite der Veränderungen sind entscheidend. Früher dauerten technologische Revolutionen Jahrzehnte oder Generationen. Die industrielle Revolution etwa erstreckte sich über das 19. Jahrhundert; die Computerisierung zog sich von den 1960ern bis ins frühe 21. Jahrhundert hinein. KI hingegen verbreitet sich in wenigen Jahren global. Innerhalb von fünf Jahren könnte laut Schätzungen des Weltwirtschaftsforums fast ein Viertel aller Arbeitsplätze in ihrer Aufgabenstruktur stark verändert sein Unternehmen implementieren KI-Lösungen teils in rasantem Tempo, um wettbewerbsfähig zu bleiben, was einen Druck zur Anpassung auf Beschäftigte ausübt. KI erledigt viele Aufgaben außerdem in atemberaubender Geschwindigkeit und skaliert mühelos – ein einziger Algorithmus kann die Arbeit von Tausenden parallel erledigen. Diese Kombination aus Geschwindigkeit, Skalierbarkeit und kognitiver Kompetenz macht die KI-Disruption so außergewöhnlich.
Zudem findet dieser Wandel global statt. Nicht nur hochindustrialisierte Länder sind betroffen; weltweit stehen Arbeitsmärkte vor ähnlichen Fragen. Allerdings variieren die Auswirkungen regional: Eine Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) warnt vor unterschiedlichen Effekten je nach Entwicklungsstand. In Hochlohnländern könnten rund 5,5 % der Jobs direkt durch KI-Automatisierung betroffen sein, in Ländern mit geringem Einkommen hingegen nur etwa 0,4 %, da dort weniger Tätigkeiten überhaupt digitalisierbar sind. Dennoch könnten gerade ärmere Länder mit den richtigen Strategien auch profitieren – etwa durch Produktivitätsgewinne und neue digitale Arbeitsplätze. Unbestritten ist: KI wird zur globalen treibenden Kraft, die überall die Karten in der Arbeitswelt neu mischt.
Wer ist besonders betroffen? Berufe und Branchen im Wandel
Auch wenn KI prinzipiell in fast jedem Berufsfeld Einzug hält, sind manche Tätigkeiten deutlich stärker betroffen als andere. Wo immer Arbeit stark routinegeprägt ist – sei es körperlich oder geistig – kann KI leicht ansetzen. Ein oft genanntes Beispiel ist die Büro- und Verwaltungsarbeit. Dort ließen sich schätzungsweise ein Viertel der Aufgabendurch generative KI automatisieren. Routineaufgaben wie Formularbearbeitung, Dateneingabe, einfache Buchhaltung oder Terminverwaltung kann KI-Systemen übertragen werden. Das betrifft insbesondere viele Sachbearbeiter- und Assistenztätigkeiten. Interessanterweise ist dieser Bereich auch stark weiblich geprägt – Frauen sind in administrativen Berufen überrepräsentiert, was bedeutet, dass sie vom KI-Einsatz in Bürojobs überdurchschnittlich betroffen sein könnten. Hier zeigt sich, dass technischer Wandel auch gesellschaftliche Muster berührt: Wer übernimmt in Zukunft die vielen Büroarbeiten, die heute oft von Frauen erledigt werden? Und bietet KI vielleicht gleichzeitig Chancen, aus eintönigen Schreibarbeiten höherwertige Aufgaben zu machen?
Neben den Bürojobs gelten vor allem kundennahen Serviceberufe als KI-gefährdet. Schon heute beantworten Chatbots Kundenanfragen im Sekundentakt. In Callcentern, im Einzelhandel oder im einfachen Kundensupport können KI-Assistenten standardisierte Fragen klären, Bestellungen aufnehmen oder Beschwerden routiniert abwickeln. Studien prognostizieren daher einen Rückgang bei klassischen Kundenservice- und Vertriebstätigkeiten in den kommenden Jahren. Ebenso steht die Produktion weiterhin im Automatisierungsfokus: Industrie-Roboter und KI-gesteuerte Maschinen übernehmen immer mehr Fertigungsschritte, was die Zahl einfacher Montagejobs weiter reduzieren dürfte . Allerdings ist diese Entwicklung nicht neu – Fabrikarbeit wird seit Jahrzehnten automatisiert. Neu ist vielmehr, dass nun auch Dienstleistungs- und Wissensberufe verstärkt betroffen sind.
Betrachten wir Wissensarbeit: Früher galten hochqualifizierte Jobs wie Juristen, Ärzte, Journalisten oder Softwareentwickler als relativ sicher vor Automation. Nun dringt KI genau in diese Felder vor. Juristen nutzen KI, um Verträge oder Urteile zu analysieren, sodass ein Großteil der zeitaufwendigen Recherche sekundenschnell erledigt wird. Ärzte verlassen sich bei Diagnosen zunehmend auf KI-gestützte Systeme, die Röntgenbilder auswerten oder Therapievorschläge basierend auf Millionen von Studien geben. Journalisten und Texter sehen, wie KI Texte schreiben kann – von Sportberichten bis Produktbeschreibungen – wenn auch (noch) nicht in tiefgründiger investigativer Qualität. Sogar Programmierer erhalten mittlerweile Unterstützung von KI-Codex-Systemen, die Routinen programmieren oder Fehler im Code finden. Die KI-Disruption macht also vor den sogenannten akademischen Berufen nicht Halt.
Trotzdem reagieren...
| Erscheint lt. Verlag | 9.7.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Philosophie ► Ethik |
| Schlagworte | Arbeitswelt der Zukunft • Berufliche Identität • Gesellschaftlicher Wandel • Künstliche Intelligenz • Selbstbild und Technologie |
| ISBN-10 | 3-8192-5829-9 / 3819258299 |
| ISBN-13 | 978-3-8192-5829-9 / 9783819258299 |
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